Land will Geimpften Freiheiten und allen Lehrern Impfangebot geben

Zwar verschlechtert sich die Corona-Lage weiter. Bereits Geimpfte
sollen in Niedersachsen aber erste Freiheiten bekommen. Und das
Impfangebot soll auf sämtliche Lehrer ausgeweitet werden. Nach
Hakeleien will das Land zudem bei der Impfkampagne aufs Gas treten.

Hannover (dpa/lni) - Während immer größere Teile Niedersachsens zum
Corona-Hotspot werden, sind erste Erleichterungen für bereits
Geimpfte in Sicht. Diese sollen nach dem Entwurf der neuen
Corona-Verordnung des Landes von Testpflichten befreit werden und
etwas mehr Freiheiten bekommen. Betroffene dürfen demnach ohne
vorherigen Corona-Test etwa einen Friseur oder Kosmetiksalon
aufsuchen oder Menschen im Altenheim besuchen. Greifen soll die
Regelung 15 Tage nach der Zweitimpfung, sie tritt voraussichtlich ab
Montag in Kraft. Mit der neuen Verordnung wird zudem der bestehende
Lockdown um drei Wochen verlängert, dem Entwurf nach weitestgehend
mit denselben Beschränkungen wie derzeit.

Sämtliche Lehrerinnen und Lehrer in Niedersachsen können sich nun ab
Mai gegen das Coronavirus impfen lassen. Bisher waren nur Grund- und
Förderschullehrer impfberechtigt, nun können Lehrer sämtlicher
Schulformen ab dem 1. Mai einen Termin im Impfzentrum vereinbaren,
wie das Gesundheits- und Kultusministerium ankündigten. An den
Grundschulen sind inzwischen rund 17 300 und damit etwa 85 Prozent
der Lehrkräfte erstmals geimpft.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßte den
Schritt. «Es ist absolut richtig und notwendig, den Beschäftigten
aller Schulformen umgehend ein Impfangebot zu machen», sagte die
GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth. «Wir erwarten allerdings, dass
Niedersachsen bei den Impfangeboten - anders als zuletzt bei den
Testungen - für eine funktionierende Umsetzung sorgt.»

Impfwillige in Niedersachsen erhalten unterdessen mit ihrer
Terminzusage für die Corona-Schutzimpfung fortan Auskunft, welcher
Impfstoff für sie vorgesehen ist. Das sagte der Leiter des
Corona-Krisenstabs, Staatssekretär Heiger Scholz, im
Gesundheitsausschuss des Landtags. Hintergrund ist, dass etliche
Menschen bei der Ankunft im Impfzentrum eine Impfung mit dem Präparat
von Astrazeneca ablehnen, was die Impfkampagne bremst.

Sie können nun vorab ihren Impftermin absagen. Von diesem Donnerstag
an sei dies auch online möglich, teilte das Gesundheitsministerium
mit. Bisher waren etliche Betroffene, die ihren Termin absagen
wollten, an der überlasteten Telefonhotline gescheitert. Eine
formelle Wahlmöglichkeit des Impfstoffs werde es aber weiterhin nicht
geben, sagte Scholz. Etliche Impfzentren überbuchten inzwischen auch
ihre Termine, das heißt sie vereinbaren mehr Impfungen, als
tatsächlich Impfstoff verfügbar ist, weil viele Impfkandidaten zu
ihrem Termin nicht erscheinen.

Um «insbesondere mit dem Impfstoff von Astrazeneca noch mehr Menschen
als bisher zu erreichen», kündigte Gesundheitsministerin Daniela
Behrens (SPD) für den 24. und 25. April ein Impfwochenende an. Dann
soll es bis zu 70 000 zusätzliche Corona-Impfungen geben. Dies habe
man bei der ersten Sitzung des «Impfpaktes für Niedersachsen»
vereinbart. Wie Staatssekretär Scholz sagte, hatten manche
Impfzentren über Ostern weniger geimpft, als eigentlich möglich
gewesen wäre. Bei Impfzentren, die zugewiesenen Impfstoff zu
zögerlich verplanten, stellte er die Möglichkeit in den Raum, Dosen
notfalls flotter impfenden Zentren zuzuweisen.

Derweil werden immer mehr Landstriche Niedersachsens zu
Corona-Hotspots mit mehr als 100 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner
binnen sieben Tagen. In 30 der 45 Landkreise und großen Städte lag
die Sieben-Tage-Inzidenz am Donnerstag über 100, was striktere
Corona-Beschränkungen bedeutet, wie das Gesundheitsministerium
mitteilte. Nach der Stadt Salzgitter stieg der Wert auch im Kreis
Vechta über 300. Landesweit stieg die Sieben-Tage-Inzidenz auf 126
an. 2234 neue Infektionsfälle und 26 weitere Todesfälle wurden am
Donnerstag registriert.

Die Zahl der Corona-Patienten in Kliniken und auf Intensivstationen
verharrt trotz eines tagesaktuell geringen Rückgangs auf hohem
Niveau. 1087 Erkrankte wurden im Krankenhaus behandelt, 306 davon auf
der Intensivstation. 211 Erwachsene und ein Kind müssen künstlich
beatmet werden. Mit einer weiteren Zunahme von Patienten müsse
gerechnet werden, sagte Staatssekretär Scholz. «Von einer
Überbelastung der Intensivstationen müssen wir nicht ausgehen», sagte

er aber, auch wenn die Dauerbelastung für das Personal kräftezehrend
sei.

FDP und Grüne beantragten währenddessen für kommenden Mittwoch eine

erneute Corona-Sondersitzung des niedersächsischen Landtags.
Hintergrund ist die vom Bund geplante Verschärfung des
Infektionsschutzgesetzes, die sogenannte Notbremse. Die vorgesehenen
Änderungen seien nicht zustimmungsfähig, erklärte FDP-Fraktionschef
Stefan Birkner. «Wir halten beispielsweise die pauschale
Ausgangssperre ab einer Inzidenz von 100 für unverhältnismäßig und

deshalb für verfassungswidrig.» Außerdem müsse gewährleistet blei
ben,
dass die Öffnungen in niedersächsischen Modellkommunen umgesetzt
werden können.

Wie der Chef der Staatskanzlei, Jörg Mielke, im Gesundheitsausschuss
durchblicken ließ, geht Niedersachsen angesichts der geplanten
Bundes-«Notbremse» nicht mehr davon aus, Öffnungen in Modellkommunen

bei einer Inzidenz von über 100 einrichten zu können - auch wenn der
Verordnungsentwurf weiterhin eine Inzidenz von 200 als Obergrenze
enthält.