Corona-Pandemie grassiert im Südwesten Sachsens - Ärzte in Sorge

Die Corona-Infektionszahlen steigen in Sachsen, im Südwesten ist die
Lage besonders ernst. Ärzte schlagen Alarm und mahnen schärfere
Beschränkungen an.

Zwickau/Chemnitz/Dresden (dpa/sn) - Im Südwesten Sachsens spitzt sich
das Corona-Infektionsgeschehen zu. So haben die Landkreise Zwickau
und Erzgebirge das Vogtland als negativen Spitzenreiter bei der
Wocheninzidenz abgelöst. In allen drei Regionen liegt der Wert nach
Angaben des Robert Koch-Institutes (RKI) vom Donnerstag über der
Marke von 300 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern innerhalb von 7
Tagen. Das Klinikum Chemnitz stellt sich laut einer Mitteilung auf
«schwere Zeiten» mit vielen Covid-19-Patienten ein. Ärzte des
Klinikums mahnten eindringlich schärfere Beschränkungen an.

Der Ärztliche Direktor Johannes Schweizer sprach von einer
«ungebremsten Dynamik des Infektions- und Belegungsgeschehens». Den
Angaben nach geraten derzeit die Intensivstationen erheblich unter
Druck. «Da die Patienten im Schnitt 15 Jahre jünger sind als in der
zweiten Welle, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass sie - aufgrund
besserer körperlicher Ausgangssituation - länger auf der
Intensivstation bleiben», erklärte der Chefarzt der Klinik für Innere

Medizin IV, Stefan Hammerschmidt. Deswegen würden die Intensivbetten
schneller knapp.

Auch andernorts sind Ärzte in Sorge. «Wir sind alarmiert», beschrieb

der Medizinische Vorstand des Universitätsklinikums Dresden, Michael
Albrecht, die Lage in den Krankenhäusern. In der Region
Chemnitz-Westsachsen sei die Dynamik deutlich stärker, die Situation
im Erzgebirgskreis an der tschechischen Grenze besonders dramatisch.
«Wir haben noch eine Woche Zeit, um die weitere Entwicklung
abzuwarten.» Er forderte, die Impfpriorisierung aufzuheben. «Jetzt
geht es um Geschwindigkeit», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Man müsse verstärkt die impfen, die viel unterwegs sind, Kontakte
haben und gefährdeter sind, sich anzustecken.

Bei mehr als 1300 belegten Betten landesweit sieht die aktuelle
Verordnung eine Rückkehr zum strengeren Lockdown vor. Das sind laut
Albrecht, der ein Prognosesystem zur Entwicklung der Situation
sächsischer Krankenhäuser entwickelt hat, 40 Prozent der Belegung von
vor Weihnachten. «Nach meiner Prognose werden wir diese Grenze in
etwa einer Woche (21. April) knapp reißen.» Dann blieben zwei bis
drei Wochen Vorlauf für den Effekt eines kompletten Lockdowns.

Laut einer Übersicht des Landes waren am Donnerstag 1186 Betten auf
Normalstationen von Covid-19-Patienten belegt sowie 377 Betten auf
Intensivstationen.

Das Klinikum Chemnitz informierte, dass nur noch Notfall-Operationen
und medizinisch dringend notwendige Eingriffe vorgenommen werden. Das
OP-Geschehen sei wie um Weihnachten 2020 zum Höhepunkt der zweiten
Corona-Welle auf etwa die Hälfte reduziert. Auf diese Weise sollen
Intensivkapazitäten für Covid-19-Patienten sichergestellt werden. Die
Zahl dieser Patienten am Klinikum hat sich seit vorigen Freitag von
102 auf 127 auf Normalstationen erhöht, auf Intensivstation von 31
auf 35.

Die Zahl der bestätigten Corona-Infektionen ist in Sachsen nach Daten
der Landesregierung zum Donnerstag um mehr als 1900 auf 242 243
gestiegen, die der Todesfälle um 36 auf 8682 (Stand: 12.30 Uhr).
Landesweit nimmt das Infektionsgeschehen weiter zu. Laut RKI
kletterte die Wocheninzidenz auf 235,3 - nach 227,8 am Vortag. Damit
bleibt Sachsen eine der Brennpunktregionen bundesweit. Nur in
Thüringen ist der Wert noch höher (259,2). Der Bundesschnitt liegt
bei 160,1.

Die höchsten Inzidenzwerte in Sachsen wurden aus dem Landkreis
Zwickau (378,4), dem Erzgebirgskreis (376,8) und dem Vogtland (347,3)
gemeldet.