Ärztekammer will weg von Priorisierung bei Corona-Impfungen

Erfurt (dpa/th) - Die Landesärztekammer plädiert bei der
Corona-Impfkampagne für eine Abkehr von der starren Impfreihenfolge.
«Solange der Impfstoff extrem knapp war, war die Priorisierung beim
Impfen und deren strikte Einhaltung absolut richtig und notwendig»,
erklärte Kammerpräsidentin Ellen Lundershausen am Donnerstag. Nachdem
die besonders schützenswerten Gruppen aber nun weitgehend geimpft
seien, gehe es um mehr Tempo beim Impfen. «Und wir brauchen damit
verbunden mehr Flexibilität, damit am Ende nicht noch Impfstoffe
verfallen, weil gerade niemand von der vorgeschriebenen Gruppe
verfügbar war.»

Insbesondere der Impfstoff von Astrazeneca, der von der Ständigen
Impfkommission für Personen ab 60 Jahren empfohlen wird, sollte laut
Kammer mittels Aufhebung der Priorisierung darüber hinaus denjenigen
gegeben werden, die dazu bereits sind. Angesichts der Infektionslage
sei ein Punkt erreicht, «an dem jeder Geimpfte zählt und wir an
diesem Ziel unser Handeln ausrichten müssen», erklärte Lundershausen.

In Thüringen waren von Mittwoch zu Donnerstag fast 1200 neue
Corona-Infizierte registriert worden. Der Sieben-Tage-Wert im
Freistaat stieg auf 259,2 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner.
Thüringen ist weiterhin das am stärksten betroffene Bundesland in
Deutschland - vor Sachsen, wo die Inzidenz am Donnerstag bei 235,3
lag.

Auch in der Landespolitik wird die vollständige Aufhebung der
Impfreihenfolge diskutiert. Die Forderung danach kam von der
Landtagsfraktionen der Grünen. Die CDU-Fraktion hält die Debatte zwar
für «richtig und sinnvoll», verwies aber darauf, dass noch nicht alle

über 70-Jährige und Menschen aus Risikogruppen geimpft seien.
Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) hatte allerdings darauf
verwiesen, dass die verfügbaren Impfstoffvorräte für eine Aufhebung
der Priorisierung bislang nicht ausreichten.

In Thüringen werden derzeit hauptsächlich Menschen aus den
Prioritätsgruppen eins und zwei geimpft. Dazu zählen unter anderem
Menschen über 70 Jahre und mit bestimmten Vorerkrankungen sowie
inzwischen alle Lehrer und das Personal in Kindergärten. In einigen
Landkreisen mit besonders hoher Inzidenz werden auch schon Menschen
der Priorisierungsgruppe drei geimpft.