NRW-Intensivstationen füllen sich wegen Corona - Warnung vor Triage

Die steigenden Corona-Infektionen kommen in den Krankenhäusern mit
einer steigenden Patientenzahl an. Einige große Kliniken verschieben
planbare Operationen. Auch vor einer Triage wird schon gewarnt.

Essen/Lippstadt (dpa/lnw) - Die dritte Corona-Welle sorgt in
Nordrhein-Westfalen zunehmend für Engpässe auf den Intensivstationen.
Die Lage sei «sehr angespannt», und in den nächsten Wochen seien
weitere Belastungen zu erwarten, teilte eine Sprecherin des
NRW-Gesundheitsministeriums am Mittwoch auf Nachfrage mit. Planbare
Eingriffe würden bereits verschoben, berichteten die Unikliniken
Essen und Köln. Dennoch seien freie Intensivbetten knapp.

In der Essener Universität, dem patientenstärksten
Corona-Behandlungszentrum in NRW, waren am Mittwoch nur noch sieben
von 180 Intensivbetten frei. Dazu kämen allerdings 15 sogenannte
Überwachungsbetten, auf die etwa Unfallopfer verlegt werden könnten,
um Raum für Corona-Patienten zu gewinnen, sagte ein Sprecher.

Die landesweite Zahl der freien Intensivbetten mit Beatmungstechnik
ist nach einer Übersicht der Landesregierung unter die Marke von 500
gesunken. Demnach waren am Mittwoch 482 solcher Betten frei nach 520
am Dienstag. Außerdem gibt es bereits einzelne Warnungen von
Medizinerseite vor einer drohenden Triage, also einer Situation, in
der Ärzte nach bestimmten Kriterien priorisieren müssen, welcher
schwer kranke Patient zuerst behandelt wird.

Der Direktor der Klinik I für Innere Medizin der Uniklinik Köln,
Univ.-Prof. Dr. Michael Hallek, erklärte: «Wir haben in den letzten
Tagen eine maximale Belastungssituation mit mehr Anfragen pro Tag an
die Uniklinik als wir bewältigen können.» Er sagte dem WDR Fernsehen

am Dienstag: «Noch ist es nicht ne echte Triage im Sinne von, dass
man Dinge nicht mehr tut, weil man keine Kapazitäten mehr hat. Aber
wir sind nahe dran.»

«Wir müssen weiter mit aller Entschiedenheit daran arbeiten, die
Infektionszahlen zu reduzieren und das Impftempo zu steigern. Sonst
wirft uns die dritte Welle in den nächsten Wochen um», forderte der
Vorstandsvorsitzende der Essener Universitätskliniken, Prof. Jochen
A. Werner. Für Patienten mit akutem Lungenversagen, die sogenannte
künstliche Lungen (ECMO-Geräte) benötigten, sei die Nachfrage bereits

höher als das Angebot. Deshalb könnten nicht alle schwerstkranke
Covid-Patienten aufgenommen werden, die andere Krankenhäuser
überweisen wollten.

«Dass in Köln und Bonn nun erste Kliniken an die Grenzen ihrer
Notfallkapazitäten gekommen sind, muss uns alle wachrütteln, sagte
der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, Jochen Brink, der
«Westdeutschen Allgemeinen Zeitung» (WAZ, Mittwoch).
Intensivmediziner erwarteten weiter deutlich steigende Fallzahlen.
«Es ist deshalb höchste Zeit, dass Bund und Länder wirksamere
Maßnahmen gegen eine weitere Ausbreitung von Covid-19 ergreifen.»

Die Pläne der Bundesregierung für eine Notbremse könnten einen
wichtigen Beitrag leisten. Die Lage werde dazu führen, dass planbare
Operationen verschoben werden müssten. Dennoch werde weiter jeder
Notfall, jede ernsthafte Erkrankung behandelt. «Darauf sind die
Kliniken vorbereitet, dafür sind sie jederzeit da», betonte Brink.

Die Essener Universitätskliniken nähern sich bei der Belegung der
Intensivstationen mit Covid-19-Patienten dem bisherigen Höchstwert
aus dem vergangenen Jahr an. Im Dezember 2020 sei mit 41
Corona-Patienten auf Intensivstationen die bisher höchste Zahl
erreicht worden, aktuell seien es 38, sagte ein Kliniksprecher.

Auch der Oppositionsführer im Düsseldorfer Landtag, Thomas Kutschaty,
hatte am Dienstag davor gewarnt, dass die Belegung der
Intensivstationen an ihre Grenzen gekommen sei. Dabei sei die
Situation dramatischer als die statistische Zahl der freien Betten
auf Intensivstationen erahnen lasse. «Viele Betten können nicht
belegt werden, weil das Personal nicht mehr verfügbar ist», sagte
Kutschaty. Im Bereich der Krankenpflege gebe es viele Kündigungen.
Vor allem aus Köln gebe es Meldungen, wonach die Lage sich zuspitze.