Barmer: Immer mehr Kinder brauchen psychotherapeutische Hilfe

Rund 70 000 Kinder und Jugendliche in Hessen sind im Jahr 2019 in
psychotherapeutischer Behandlung gewesen. Die Zahl der Betroffenen
ist innerhalb der letzten elf Jahre stark gestiegen.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Die Zahl der psychotherapeutisch behandelten
Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis 24 Jahren ist
innerhalb der vergangenen elf Jahre stark gestiegen. Das geht aus dem
Arztreport 2021 der Krankenkasse Barmer hervor. Sie hatte als
Grundlage die Daten von bundesweit mehr als 1,6 Millionen jungen
Menschen ausgewertet und auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet.
Demnach beanspruchten 2009 2,42 Prozent der hessischen Kinder und
Jugendlichen psychotherapeutische Hilfe. 2019 waren es mit mehr als
69 000 Betroffenen bereits 4,48 Prozent. Das entspricht laut Barmer
einem Anstieg von rund 85 Prozent. Damit liegt Hessen nach Berlin
(5,19 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (4,7 Prozent) an dritter
Stelle.

Die rund 69 000 betroffenen jungen Menschen in Hessen nahmen 2019
rund 41,84 Millionen Therapie-Minuten in Anspruch - auf alle rund
1,55 Millionen hessischen Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen
aufgerechnet ergibt das laut Krankenkasse einen Pro-Kopf-Bedarf von
27,1 Minuten. Damit liegt Hessen 22 Prozent über dem
Bundesdurchschnitt. Am häufigsten litten die jungen Menschen im Alter
bis zu 24 Jahren im Jahr 2019 an Anpassungsstörungen. Diese waren
laut Barmer für 23 Prozent der Therapien ursächlich, gefolgt von
Depressionen mit 18,4 Prozent und Angststörungen mit 14 Prozent. Das
Durchschnittsalter für eine erstmalige Therapie lag bei 15,8 Jahren.

Im ersten Halbjahr 2020 stieg die Zahl der hessischen Kinder und
Jugendlichen, die eine sogenannte Richtlinientherapie in Anspruch
genommen haben, um 5,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Der Anstieg sei deutlich, falle aber niedriger aus als im Vorjahr,
teilte die Barmer mit. Von der ersten Hälfte 2018 zur ersten Hälfte
2019 sei der Bedarf in Hessen noch um 7,6 Prozent gestiegen. Die
Zahlen seien mit Blick auf die Corona-Pandemie aber vorsichtig zu
interpretieren, die Tendenz im ersten Halbjahr 2020 könne nicht mit
der tagesaktuellen Situation gleichgesetzt werden. Ursächlich für den
vergleichsweise moderaten Anstieg könnten «Effekte des ersten
Lockdowns sein aber auch Unsicherheiten und Fehleinschätzungen über
den eigenen Therapiebedarf in einer gesamtgesellschaftlichen
Ausnahmesituation.»