Oberarzt: Corona-Impfung als Wohltat für die Psyche - «Angst ist weg»

Die anhaltende Corona-Pandemie macht vielen Mitarbeitern von
Krankenhäusern zu schaffen. Zumindest eine große Sorge ist ein Teil
von ihnen inzwischen aber los.

Berlin (dpa/bb) - Die Corona-Impfungen für viele Medizinerinnen und
Mediziner sowie Pflegekräfte haben aus Sicht eines Berliner
Oberarztes auch eine wichtige psychologische Funktion. «Ich hatte
täglich Angst vor Covid-19. Diese Angst ist seit der zweiten Impfung
weg. Das tut wirklich gut», sagte Hans Weigeldt, Pandemiebeauftragter
am Krankenhaus Bethel Berlin in Lichterfelde, der Deutschen
Presse-Agentur. Gleichzeitig betonte er, dass die Geimpften im
Krankenhaus nun aufpassen müssten, nicht nachlässig zu werden. «Mir
sind aktuell zwei Fälle bekannt, bei denen sich Patienten trotz
zweifacher Impfung angesteckt haben, sie hatten dann milde Verläufe.»

Im Krankenhaus werde in Hinblick auf regelmäßiges Testen und das
Tragen von Masken verfahren wie vor der Impfung, schilderte Weigeldt.
Knapp drei Viertel des berechtigten Personals hätten das Impfangebot
genutzt. «Leider gab es auch einige, die Astrazeneca nicht haben
wollten und nun erst einmal ungeschützt sind.» Keine Impfung schützt

100-prozentig vor einer Infektion; die Corona-Impfung gilt aber als
Schutz vor schweren und tödlichen Verläufen.

Auch Geimpfte mussten bis vor kurzem 14 Tage in Quarantäne, wenn sie
Kontakt zu einem Infizierten hatten, berichtete der Mediziner. «Die
vermehrten Fälle bei Kindern in Kitas und Schulen machten sich mit
Ausfällen der Eltern bemerkbar. Bei uns haben viele Kollegen Kinder.»
Seit einigen Tagen gebe es aber eine neue Empfehlung vom Robert
Koch-Institut, wonach vollständig Geimpfte von der Quarantäne
ausgenommen sind. Kliniken dürften davon profitieren: Insbesondere
für die Pflege der Patienten auf Intensivstationen gilt das
spezialisierte Personal bundesweit als knapp. «Die Arbeit auf
Intensiv ist ein hartes Brot», sagte Weigeldt. In dem Bereich hielten
sich Abgänge und Neueinstellungen oft die Waage.

Kapazitäten für die Aufnahme von Covid-19-Patienten aus anderen
Bundesländern sieht Weigeldt insbesondere auf den Normalstationen der
Hauptstadt. «Auf den Intensivstationen ist derzeit zu sehen, dass die
im Schnitt eher jüngeren Patienten dort länger liegen als die
Patienten während der ersten und zweiten Welle.» Die Auslastung der
Intensivstationen mit Covid-19-Patienten in Berlin war zuletzt rasch
angestiegen - über die kritische Schwelle von einem Viertel.

Die Klinik in Lichterfelde gehört zu den Notfallkrankenhäusern, die
Covid-19-Fälle versorgen. Die Charité-Standorte versorgen nach einem
Plan des Senats die schwersten Fälle als sogenannte Level-1-Häuser,
weitere Kliniken folgen als Stufen 2 und 3. «In der dritten Welle
sind bisher insbesondere die Level 1 und 2 beansprucht» erklärte
Weigeldt. «Wir als Level-3-Haus sind noch nicht so stark betroffen.
Aber insgesamt nähern wir uns in Berlin zahlenmäßig wieder dem
Maximum aus der zweiten Welle an.»

Wie viele andere Mediziner und Wissenschaftler plädiert Weigeldt für
einheitliche Regelungen und einen kurzen, harten Lockdown zum Senken
der Inzidenz, um in der Zeit mit dem Impfen voranzukommen und eine
Teststrategie für die Öffnungen danach auszufeilen.