Sachsen verlängert Lockdown - Teilweise Kritik an Bundes-Notbremse

Nach wochenlangem Hickhack soll der Lockdown verschärft werden. Die
Bundesregierung will die dritte Corona-Welle mit einheitlichen
Vorschriften brechen. Das begrüßt Sachsen zwar, fordert aber
Nachbesserungen - vor allem bei der Frage der Schulen.

Dresden (dpa/sn) - In Sachsen wird die Landesverordnung und damit der
Lockdown verlängert. Die derzeit geltenden Corona-Regeln sollen bis
zum 9. Mai vorerst beibehalten werden, teilte Sachsens
Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) am Dienstag in Dresden nach
einem Kabinettsbeschluss mit. Damit wolle man die Diskussion zwischen
Bund und Ländern erst einmal abwarten. Die aktuelle
Corona-Schutzverordnung für Sachsen läuft am Sonntag (18.4.) aus.

Wenn die am Dienstag vom Bundeskabinett beschlossene Änderung des
Infektionsschutzgesetzes Bundestag und Bundesrat passiert habe, werde
Sachsen prüfen, welche Anpassungen notwendig seien, kündigte Sachsens
Minister für Bundesangelegenheiten, Oliver Schenk (CDU), an. Das
Kabinett begrüße angesichts der hohen Corona-Infektionszahlen ein
einheitliches Vorgehen. Dennoch forderte Sachsen «eine Reihe von
Nachschärfungen». Als Kritikpunkte nannte Schenk etwa die «alleinige

Fixierung» auf den Inzidenzwert ohne Berücksichtigung der belegten
Krankenhausbetten.

Zudem hält Schenk die geplante Ausgangssperre ab 100 Ansteckungen pro
Woche und 100 000 Einwohner für rechtlich schwierig. In Sachsen hatte
das Gericht die nächtliche Ausgangssperre Anfang März gekippt. Zudem
plädierte er dafür, die Länder über das Thema Schule in der
Corona-Pandemie entscheiden zu lassen. «Wir wollen ein Auf und Zu
vermeiden, wir brauchen Stabilität.» Sachsen wolle bei den
anstehenden Diskussionen im Bund für seine Standpunkte werben.

Mit der geplanten Anpassung sollen die Corona-Regeln in Deutschland
vereinheitlicht und eine sogenannte Bundes-Notbremse für Regionen
eingezogen werden, in denen die Inzidenz bei 100 oder mehr
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche liegt. Wenn
das Bundesgesetz in Kraft trete, gelte bei einem Inzidenz-Wert in den
sächsischen Städten und Landkreisen ab 100 dann die Bundesregel -
unter der 100er-Marke die Landesverordnung, so Schenk. Aktuell gibt
es in Sachsen für betroffene Regionen zwar bereits
Ausgangsbeschränkungen, diese sehen allerdings deutlich mehr
Ausnahmen als das Bundesgesetz vor.

In Sachsen lag der Inzidenz-Wert am Dienstag bei 212 - damit ist der
Freistaat nach Thüringen bundesweit das am stärksten von der
Corona-Pandemie betroffene Bundesland.

Sachsen zieht zur Einschätzung der Lage auch die Bettenauslastung
heran. Derzeit liegen auf den Normalstationen der sächsischen
Krankenhäuser 1205 Covid-Patienten. Entwickelten sich die Zahlen
weiter wie bisher, könnte laut Köpping Ende nächster Woche die
kritische Grenze von 1300 Patienten erreicht werden. Dann gelten
schärfere Einschränkungen. Köpping sprach von einem «Frühwarnsyst
em».
Experten zufolge kommen die Krankenhäuser etwa zwei Wochen nach
dieser kritischen Marke an ihre Belastungsgrenze.

In Sachsen wurden bisher rund 930 900 Impfungen verabreicht, darunter
645 610 Erstimpfungen. Damit liegt Sachsen bei den Erstimpfungen bei
einer Quote von 15,9 Prozent und etwas unter dem Bundesdurchschnitt
von 16,3 Prozent. Angesichts dieser Zahlen hält Köpping die Debatte
um mehr Freiheiten für Geimpfte in der Corona-Pandemie für verfrüht.

«Der Zeitpunkt ist noch zu früh, um zu solchen Möglichkeiten zu
greifen.» Es brauche einen gewissen Immunitätsschutz für die gesamte

Bevölkerung. Man arbeite aber daran, sich in dieser Frage zu
positionieren und halte sich an die Empfehlungen des Robert
Koch-Institutes (RKI). Der Berliner Senat hatte am Dienstag etwas
mehr Freiheiten für geimpfte Menschen beschlossen.

Gleichzeitig rief Köpping die Menschen auf, sich mit dem Präparat von
Astrazeneca impfen zu lassen. Derzeit gebe es rund 9000 freie
Termine. Ab Freitag können auch Lehrer an Oberschulen und Gymnasien
einen Termin über das Impfportal buchen. «Je mehr Menschen sich
impfen lassen, umso schneller können wir in unser normales Leben
zurückkehren.» Sachsen wolle bis zum Wochenende abwarten, wie der
Impfstoff von Astrazeneca nachgefragt werden. Sollten Dosen übrig
sein, will Sachsen weitere Möglichkeiten prüfen, auch etwa eine
digitale Warteliste für kurzfristige Impfungen.