Ein Stück Normalität: Außengastronomie im Norden wieder offen Von Sönke Möhl, Eva-Maria Mester und Wolfgang Schmidt, dpa

Draußen sitzt man in Schleswig-Holstein auch, wenn's frisch ist und
mal kurz schauert. Einheimische und Gäste erobern sich mitten in der
Corona-Pandemie die nordische Café- und Restaurantfreiheit zurück.
Aber nur unter strengen Auflagen.

Kiel (dpa/lno) - Cappuccino am Morgen, Spargel zum Mittag und später
ein Glas Wein: In Schleswig-Holstein haben viele Cafés und
Restaurants am Montag nach monatelanger Corona-Unterbrechung ihre
ersten Gäste begrüßt. Allerdings nur im Freien und unter strengen
Auflagen. Nicht alle Kreise und Städte durften sich beteiligen.

Im «Café Wichtig» in Timmendorfer Strand (Kreis Ostholstein) warteten

zur Öffnung um 9.00 Uhr bereits die ersten Frühstücksgäste. Bei
zaghaftem Sonnenschein und nur wenigen Graden über Null genossen sie
unter Heizstrahlern und in Decken gehüllt heiße Getränke und frische

Brötchen. Zum Mittag füllte sich die Terrasse mit 200 luftig
gestellten Plätzen zusehends. Zur Wiedereröffnung stand frischer
deutscher Stangenspargel auf der Speisekarte.

Die Kunden seien vorsichtig, achteten auf Abstände und seien
erleichtert über das Stück Normalität, das zurückkehre, sagte
Geschäftsführer Jan Schumann. «Das sieht man an den Gesichtern.» De
m
Personal gehe es ebenso, es sei ein Tag guter Stimmung.

Die Landesregierung hatte die Öffnung in der vergangenen Woche unter
strengen Auflagen erlaubt. Möglich ist die Bewirtung, wo die Zahl der
Infektionen innerhalb von sieben Tagen je 100 000 Einwohner stabil
unter 100 liegt. Es gelten die aktuellen Kontaktbeschränkungen, die
Gastronomen müssen eine Nachverfolgung sicherstellen. Auf Abstände
wird geachtet. Medizinische Schutzmasken sind Pflicht, nur am Tisch
dürfen Gäste sie abnehmen.

Das «Luzifer» in Westerland auf Sylt wird frühestens am
Dienstagnachmittag seine Terrasse öffnen. «Wir freuen uns, dass wir
starten können», sagte Store Manager Bernd Felke. Allerdings seien
die Informationen so kurzfristig gekommen, dass man noch ein bisschen
Vorbereitungszeit brauche. Am Montag sei die Terrasse noch
hergerichtet worden und Ware sei geliefert worden.

Etwas weiter südlich auf der Insel Pellworm standen vor der Bäckerei
und dem Café Cornilsen erstmal nur vier Tische auf der Terrasse.
Gäste hätten an diesem sehr frischen Vormittag von der neuen Freiheit
noch keinen Gebrauch gemacht, sagte Inhaber Georg Cornilsen. Das Café
ist ein beliebtes Ziel für Fahrradfahrer nach einer Inselrunde. Doch
noch fehlen dazu die Urlaubsgäste.

«Haben Sie noch einen Tisch für uns frei?», fragte in der Kieler
Innenstadt eine junge Frau am Eingang zum Burger Grill «Hans im
Glück». Von 13 kleinen Außentischen besetzte sie dann mit ihrer
Begleiterin den neunten. Inhaber Christopher Schmidt freute sich über
regen Zulauf. «Wir hatten das gehofft», sagte er am Mittag. «Wir
freuen uns, dass wir wieder Gäste begrüßen dürfen.» Bei «Hans i
m
Glück» sitzen die Gäste ziemlich geschützt. Woanders waren vor
Bäckereien, Imbissläden und Gaststätten viele Tische unbesetzt, was
auch dem kühlfeuchten Wetter bei Temperaturen um acht Grad geschuldet
war.

Kam die Sonne durch, nahmen auch dort Gäste Platz, um einen Kaffee zu
trinken, eine Pizza zu essen oder sich auch ein frühes Bier zu
gönnen. Dies hielt sich aber noch stark in Grenzen, zumal die Fähren
aus Skandinavien noch keine Touristen herbringen dürfen. Recht rege
ging es auch bei «dean&david» am Kieler Bootshafen zu, das mit
«gesundem Fast Food» wirbt. «Für den heutigen Start ist das absolut

okay», sagte Inhaber Lars Lenßen. «Man sieht, die Leute lechzen nach

frischer Luft und etwas zu Essen draußen.»

Auch über die Terrasse der «Bar Celona» in Lübeck wehte am Montag e
in
kühler Wind. In dicken Winterjacken genossen Gunda und Fritz Rahlfs
am Montagvormittag bei heißen Getränken den Blick über die Trave.
«Wir wollten einfach mal wieder raus und draußen einen Kaffee
trinken», sagte das Ehepaar aus Berkenthin im Kreis Herzogtum
Lauenburg.

Antonio Conteduca und seine Partnerin Brigitte ließen sich ihr
Frühstück schmecken. «Diesem Tag haben wir entgegengefiebert. Ich
hatte offen gesagt die Nase voll vom Drinnensitzen», sagte Conteduca.
«Endlich wieder unter Leute kommen, das wird einfach Zeit.»

Für den Geschäftsführer des Restaurants, Egon Krautmann, bedeutet die

Öffnung des Außenbereichs einen ersten Hoffnungsschimmer nach fünf
Monaten im Lockdown. Von den 420 Plätzen im Außenbereich darf er
gerade mal 50 öffnen. «Aber dadurch können wir unseren Gästen zeige
n,
dass wir noch da sind», sagte er.