Bordelle geschlossen: Viele Prostituierte stark verschuldet

Die Corona-Pandemie hat auch die Rotlichtbetriebe schwer getroffen.
Seit mehr als einem Jahr sind sie geschlossen. Was bedeutet das für
die Menschen, die dort arbeiten?

Wiesbaden (dpa/lhe) - Mehr als ein Jahr seit der coronabedingten
Schließung der Bordelle sind viele in Hessen arbeitende Prostituierte
bereits stark verschuldet. Das geht aus der Antwort des
Sozialministeriums auf eine Kleine Anfrage der FDP zurück.
Fachberatungsstellen hätten dem Ministerium die Situation der
Prostituierten als prekär beschrieben, heißt es darin. Der
Beratungsbedarf habe sich insbesondere zu Beginn der Pandemie
deutlich erhöht - vor allem, wenn es um existenzielle Notlagen,
Beantragung von Sozialleistungen, psychosoziale Beratungen und
Infektionsschutz gehe.

Während Bordelle und ähnliche Einrichtungen geschlossen seien,
umfasse das Verbot nicht die Vermittlung von Prostituierten nach
Hessen, etwa über Escort Services, hieß es.

Zur Lage von Prostituierten, die nun außerhalb von Bordellen oder
Clubs ihrem Gewerbe nachgehen, hieß es, es bestehe die Gefahr, «dass
unseriöse Kunden und Zuhälter die derzeit bestehenden Existenznöte
der Prostituierten ausnutzen und ihnen ungehindert ihre Bedingungen
auferlegen, beispielsweise durch das Aushandeln niedrigerer Preise
oder das Verlangen von sexuellen Praktiken, auf die sich die
Prostituierten unter normalen Umständen nicht einlassen würden.»

Die Landesregierung sei sich der Auswirkungen der Pandemie auf
Prostituierte sowie das Prostitutionsgewerbe sehr bewusst, hieß es
zum Drängen vieler Bordellbetreiber auf Öffnungsmöglichkeiten.
«Dennoch besteht unverändert ein besonders hohes Infektionsrisiko,
das bei der sexuellen Dienstleistung noch gesteigert wird.»

Unterdessen fordert der Verein Doña Carmen, der sich für
Sexarbeiterinnen im Frankfurter Bahnhofsviertel einsetzt, in einer
Petition an den Hessischen Landtag die Wiedereröffnung der Bordelle.
Innerhalb konzessionierter Bordelle sollten sexuelle Dienstleistungen
wieder angeboten werden dürfen, wie es darin hieß.

«Es hat überhaupt keine Schutzwirkung, die Prostituiertenstätten zu
schließen - schon gar nicht für die betroffenen Frauen», sagte Nadine

Maletzki, die im Frankfurter Bahnhofsviertel ein Laufhaus betreibt,
der Deutschen Presse-Agentur. «Die Prostitution findet überall
trotzdem statt. Alles driftet in die Illegalität, ohne Kontrolle.»

Online-Inserate von Sex-Arbeiterinnen hätten sich seit Beginn der
Pandemie und der Schließung von Prostitutionsstätten fast
verdreifacht, schätzte Maletzki. «Da kann man ja sehen, was los ist
im Untergrund.» Zudem seien viele der Inhalte des
Prostituiertenschutzgesetzes ausgehebelt worden: Die nun auf dem
Straßenstrich arbeitenden Frauen verfügten über kein Notrufsystem, es

gebe mehr Zuhälter, auf der Straße seien mittlerweile «Reviere»
abgesteckt.