Schulleitungsverband kritisiert Chaos bei Start mit Testpflicht

Zwei verpflichtende Corona-Tests pro Woche für Schülerinnen, Schüler

und Lehrkräfte sollen den Unterricht sicherer machen. Das Personal an
den Schulen fühlt sich dennoch nicht ausreichend geschützt.

Hannover/Bremen (dpa) - Der Start der verpflichtenden
Corona-Selbsttests für Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte ist aus

Sicht des Schulleitungsverbandes Niedersachsen chaotisch verlaufen.
Einige Schulen hätten viel zu wenige Testkits erhalten, manche die
falschen, sagte der Geschäftsführer des Verbandes, Rene Mounajed, am
Montag. «Das ist völlig unprofessionell.» Viele Schulleitungen seien

wütend. Die Kommunikation des Kultusministeriums sei zudem viel zu
kurzfristig und unklar, kritisierte Mounajed.

Der erste Tag nach den Osterferien wurde demnach unterschiedlich
organisiert. An manchen Schulen wurden nur Testkits ausgegeben,
Unterricht und Notbetreuung gab es nicht. Andere Schulen boten
lediglich Notbetreuung an, wiederum andere starteten mit dem
Unterricht, ohne die Kinder zu testen. «Hier macht jeder, was er für
richtig hält», so Mounajed. Die Tests seien zwar sinnvoll, aber für
den Gesundheitsschutz des Personals reiche das nicht aus. «Unsere
Leute sind gefährdet. Sie müssen geimpft werden, und zwar jetzt.» 


Das niedersächsische Kultusministerium trat dem Eindruck einer
«chaotischen Organisation» entgegen. Dies habe sich durch vorliegende
Rückmeldungen über die Regionalen Landesämter für Schule und Bildun
g
nicht bestätigt, sagte ein Sprecher. Viel eher sei die Ausgabe der
Testkits an fast allen Schulen auch dank eines hervorragenden
Managements vor Ort gut organisiert gewesen. Die Abholtage wurden von
den Schülern gut angenommen. Bestellung, Lieferung und Versendung so
großer Mengen für alle Beteiligten an den gut 3000 Schulen in
Niedersachsen seien aber eine große Herausforderung.

Von diesem Montag an müssen sich Kinder, Jugendliche und
Schulpersonal zweimal pro Woche vor Unterrichtsbeginn zu Hause auf
das Coronavirus testen. Die Schulen verteilen dafür sogenannte
Laientests für den vorderen Nasenbereich, die das Ergebnis nach rund
15 Minuten anzeigen. «Zwei Tests in einer Woche sind geeignet, um
effektiv Verdachtsfälle herauszufiltern», sagte der Sprecher des
niedersächsischen Kultusministeriums, Sebastian Schumacher, mit
Verweis auf eine wissenschaftliche Empfehlung. Wer ein positives
Test-Ergebnis hat, muss die Schule informieren und einen noch
zuverlässigeren PCR-Test machen lassen. Dieser klärt, ob der oder die
Betroffene tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert ist.

Die Testpflicht gilt nur für den Präsenzunterricht. Schülerinnen und

Schüler, die zuhause lernen, müssen sich nicht testen. In Landkreisen
oder kreisfreien Städten mit einer Inzidenz von mehr als 100 sind in
der Regel nur Grundschulen und Abschlussklassen in der Schule, die
anderen lernen per Distanzunterricht zuhause. Die Inzidenz zeigt, wie
viele Menschen pro 100 000 Einwohner sich in den vergangenen sieben
Tagen nachweislich mit dem Coronavirus angesteckt haben. Da die
Präsenzpflicht derzeit aufgehoben ist, können Eltern und
Erziehungsberechtigte ihre Kinder zudem ohne Angabe von Gründen vom
Präsenzunterricht abmelden. Diese Schüler erhalten Arbeitsmaterial
für zuhause.

Bis Anfang April hatte das Land Niedersachsen rund 13 Millionen
Testkits bei verschiedenen Anbietern für Landesbedienstete und
Schulen gekauft. Die Preise lagen dabei zwischen 3,42 Euro und 5,35
Euro pro Selbsttest inklusive Mehrwertsteuer, wie der Sprecher des
für die Beschaffung zuständigen Innenministeriums, Pascal Kübler,
mitteilte. Weitere Beschaffungen von Selbsttests seien geplant.

An den Corona-Regeln für den Schulalltag ändert sich durch die
Testpflicht nichts. Abstands- und Hygieneregeln, Lüftkonzepte und die
Pflicht zum Tragen einer Maske außerhalb und zum Teil im Unterricht
bleiben bestehen. Die Klassen werden derzeit in kleinen Gruppen
abwechselnd zuhause und in der Schule unterrichtet. Das Personal ist
dem Schulleitungsverband zufolge durch die vielen kurzfristigen
Erlasse und die zahlreichen Anforderungen stark belastet. «Das können
wir langsam so nicht mehr stemmen», sagte Mounajed.

Im Bundesland Bremen gilt seit Montag ebenfalls eine Testpflicht für
Schülerinnen, Schüler und Schulpersonal. Dort testen sich die Jungen
und Mädchen allerdings in der Schule. Ein positiver Schnelltest muss
wie in Niedersachsen durch einen PCR-Test abgeklärt werden. Auch im
kleinsten Bundesland können Eltern ihre Kinder vom Präsenzunterricht
abmelden. Die Kinder der Grundschulen kommen in voller Klassenstärke
zusammen, in den weiterführenden Schulen gilt wie in Niedersachsen
das Wechselmodell.