Grünen-Fraktionsspitze: Laschet hat Maßnahmen selbst aufgeweicht

Die Debatte um Schutzmaßnahmen in der dritten Corona-Welle reißt
nicht ab. Die Grünen im Landtag werfen dem Regierungschef vor, nicht
konsequent zu sein und die Verantwortung auf die Kommunen abzuwälzen.
Laschet unterstützt eine Schärfung des Infektionsschutzgesetzes.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Die Fraktionschefinnen der Grünen im
Düsseldorfer Landtag werfen NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU)
beim Kampf gegen die Corona-Pandemie widersprüchliches Handeln vor.
«Jetzt kommt Armin Laschet nach einigem Nachdenken zu dem Schluss,
dass ein Brücken-Lockdown notwendig sei. Und das, obwohl er ja selbst
die vorhandenen Maßnahmen bis zur Unkenntlichkeit aufgeweicht hat»,
sagte Verena Schäffer in einem gemeinsamen Interview mit ihrer
Co-Vorsitzenden Josefine Paul der «Rheinischen Post» (Samstag).

«Die Absage der Ministerpräsidentenkonferenz ist eine absolute
Bankrotterklärung», sagte Schäffer. Die Länderchefs hätten es nic
ht
geschafft, sich in drei Wochen zusammenzuraufen, obwohl alle
Besserung gelobt hätten. Nach der Absage der vor Ostern vereinbarten
nächsten Runde von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ländern
sollen stattdessen bundesweit einheitliche Regelungen für Regionen
mit hohen Infektionszahlen geschaffen werden.

Laschet lasse sich aber vom Koalitionspartner FDP unter Druck setzen
und wolle die Notbremse selbst weiterhin nicht anwenden, warf ihm
Schäffer vor. Die meisten Kommunen, die wegen einer Inzidenz über 100
unter die Notbremse fielen, wählten die Ausnahmeregelung über
Öffnungen mit Testpflicht, weil sie sich sonst dem Zorn der
Einzelhändler und Bürger aussetzten. «Damit wälzt er die
Verantwortung an die Kommunen ab.»

In Kommunen mit einer Inzidenz über 100 müssen unter anderem Läden,
Sportstätten und Kultureinrichtungen schließen. Die betroffenen
Kreise und kreisfreien Städte dürfen aber Ausnahmen für Menschen mit

tagesaktuellem negativem Schnell- oder Selbsttest erlauben. Diese
müssen mit dem Gesundheitsministerium abgestimmt werden.

Laschet befürwortet eine Vereinheitlichung der Corona-Regeln in
Deutschland durch eine Neufassung des Infektionsschutzgesetzes. «Die
Landesregierung bringt sich konstruktiv in die Beratungen für eine
bundesgesetzliche Regelung notwendiger Maßnahmen zum Infektionsschutz
ein», sagte ein Sprecher der Düsseldorfer Staatskanzlei dem «Kölner

Stadt-Anzeiger» (Samstag). Laschet habe «bereits zu Beginn der Woche
auf den dringenden Handlungsbedarf in der Pandemiebekämpfung
hingewiesen und für ein schnelles, bundeseinheitliches Vorgehen der
Länder geworben», sagte der Sprecher.

Die Einschätzung der Lage auf den Intensivstationen und die
Entwicklung des Infektionsgeschehens sei auch Grundlage der
Entscheidungen der Landesregierung in dieser Woche etwa zum
Schulbetrieb gewesen, hieß es. Mit Ausnahme der Abschlussklassen
beginnt der Unterricht nach den Osterferien in Nordrhein-Westfalen am
Montag wieder als Homeschooling - zunächst für eine Woche.

FDP-Landtagsfraktionschef Christof Rasche kritisiert die geplante
Vereinheitlichung von Corona-Regeln in Deutschland dagegen scharf.
Berlin plane eine «Entmachtung der Länder», sagte Rasche dem «Köl
ner
Stadt-Anzeiger» (Samstag). Regierungen mit zentraler Gewalt wie in
Frankreich dienten aber nicht als Vorbild. Es stelle sich die Frage,
ob sich «einzelne Berliner Politiker mit einem harten Lockdown
profilieren» wollten. Die Kommunen hätten in der Vergangenheit «viele

Fehler des Bundes ausgebügelt». Wie bei der Flüchtlingskrise habe
sich der Föderalismus in der Pandemiebekämpfung bewährt.

Für den Vorstoß eines «Brücken-Lockdowns» bis zu einer höheren
Zahl
an Geimpften hatte Laschet besonders von SPD-geführten Bundesländern
Ablehnung erfahren. Die Länder hätten mit der Notbremse ein Mittel,
um auf steigende Zahlen zu reagieren, hielten ihm Kritiker entgegen.

Statt der Runde von Merkel mit den Ministerpräsidenten soll nun im
Eilverfahren das Infektionsschutzgesetz nachgeschärft werden, wie die
stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer mitteilte. Ziel
sei es, bundesweit einheitliche Regelungen für Regionen mit hohen
Infektionszahlen zu schaffen. Die Änderung solle schon in der
kommenden Woche vom Kabinett beschlossen werden. Dessen Sitzung werde
von Mittwoch auf Dienstag vorgezogen.