Lungenexperte: Todesursache bei George Floyd war Mangel an Sauerstoff

Minneapolis (dpa) - Der bei einem US-Polizeieinsatz im Mai 2020
getötete Afroamerikaner George Floyd ist einem Lungenspezialisten
zufolge an den Folgen von Sauerstoffmangel gestorben. Der niedrige
Gehalt an Sauerstoff habe Hirnschäden verursacht und Floyds Herz zum
Stillstand gebracht, sagte der auf Pneumologie und Intensivmedizin
spezialisierte Mediziner Martin Tobin am Donnerstag (Ortszeit) im
Prozess gegen den angeklagten weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin in
Minneapolis im Bundesstaat Minnesota.

Der Lungenexperte wies damit die von der Verteidigung vertretene
Theorie zurück, nach der Floyds Tod nicht auf Gewalteinwirkung,
sondern auf dessen Herzrhythmusstörungen und Rückstände von Drogen in

seinem Blut zurückgehe. «Eine gesunde Person wäre infolge der
Umstände, denen Herr Floyd ausgesetzt war, gestorben», sagte Tobin.
Der 46-jährige Floyd war Ende Mai in Minneapolis bei einer brutalen
Festnahme ums Leben gekommen. Videos dokumentierten, wie Polizisten
den unbewaffneten Mann zu Boden drückten. Chauvin presste dabei sein
Knie gut acht Minuten lang in Floyds Hals, während dieser flehte, ihn
atmen zu lassen.

Chauvin habe zeitweise einen großen Teil seines Körpergewichts gegen
Nacken und Oberkörper des Opfers gepresst und dessen Atmung dadurch
erschwert, sagte Tobin von der Edward Hines Jr. Klinik bei Chicago.
Die Bauchlage habe ihn zusätzlich am Luftholen gehindert, sagte der
Mediziner, der bestimmte Beinbewegungen Floyds auf den Videos als
Anzeichen für die erlittenen Hirnschäden wertete.

Die Beamten hatten Floyd wegen des Verdachts festgenommen, mit einem
falschen 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben. Chauvin hat auf nicht
schuldig plädiert. Der schwerwiegendste Anklagepunkt lautet Mord
zweiten Grades ohne Vorsatz. Darauf stehen bis zu 40 Jahre Haft. Nach
deutschem Recht entspräche dies eher dem Totschlag. Zudem wird
Chauvin auch Mord dritten Grades vorgeworfen, was mit bis zu 25
Jahren Haft geahndet werden kann. Auch muss er sich wegen Totschlags
zweiten Grades verantworten, worauf zehn Jahre Haft stehen. Chauvin,
der nach dem Vorfall entlassen wurde, ist derzeit auf Kaution frei.