Hausärzte starten Corona-Impfungen - Garg hofft auf mehr Impfstoff

«Endlich los von der Leine» - das sagt ein Kieler Mediziner dem
Gesundheitsminister Garg zum Start der Anti-Corona-Impfungen durch
die Hausärzte. Damit wird es für viele Patienten leichter. Doch das
Hauptproblem bleibt - zumindest vorerst.

Kiel (dpa/lno) - Gegen das Coronavirus impfen nun auch flächendeckend
Hausärzte. «Ich bin froh, dass es jetzt endlich losgeht», sagte
Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) am Mittwoch
nach dem Besuch einer Arztpraxis in Kiel. Gerade für die noch nicht
geimpften Menschen aus den zwei Gruppen mit der höchsten Priorität
sei es ein wunderbares Angebot, wenn jetzt ihre Hausärzte des
Vertrauens impfen können. Dann müssten sie auch nicht ins
Impfzentrum, wo im Übrigen exzellente Arbeit geleistet werde.

Die Patienten freuen sich, nicht mehr ins Impfzentrum gehen zu müssen
und ein Teil könne es ja auch nicht mehr, sagte der Arzt Dennis
Kramkowski, nachdem er Patienten in der Praxis und zu Haus geimpft
hatte. «Ich bin froh, daran teilhaben zu können bis August alle
mitgeimpft zu haben, damit wir dann vielleicht auch in ein bisschen
mehr Normalität übergehen können, was wir uns alle auch wirklich
sehnlich wünschen.» Er habe seinen Urlaub abgesagt, um zu impfen.

Kurz und entspannt sei es gewesen, sagte eine 67-Jährige nach ihrer
Impfung im Stadtteil Friedrichsort voller Erleichterung und
Vorfreude: Sie wolle bald ihre Familie in England besuchen und in der
nächsten Woche solle das sechste Enkelkind geboren werden.

«Unser Hauptproblem nach wie vor ist und bleibt, dass es noch
deutlich zu wenig Impfstoff für zu viele Menschen gibt, die
eigentlich jetzt schon nach der Impfverordnung des Bundes Anspruch
auf eine Impfung hätten», sagte Garg. Er erwarte nun, dass die vom
Bund angekündigte Impfstoffflut spätestens im Mai kommt.

Laut Kassenärztlicher Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) sind
zunächst etwa 1500 von 2000 Hausärzten im Land beim Impfen dabei.
Jeder habe bisher rund 20 Dosen bekommen, sagte die KVSH-Vorsitzende,
Monika Schliffke. Die Kollegen seien hochmotiviert mit dem Impfen
beginnen zu können. «Jeder wird beliefert, die Apotheken-Lieferkette
hat zumindest diese Woche schon reibungslos funktioniert und ich gehe
auch davon aus, dass das so bleiben wird», sagte Schliffke. Das große
Ziel bestehe darin, im August mit dem Impfen der Bevölkerung durch zu
sein. «Und ich glaube, wir können das schaffen.»

Laut Robert Koch-Institut (RKI) wurden bis einschließlich Dienstag im
Norden 564 116 Dosen verabreicht, davon 436 079 Erstimpfungen. Das
ergibt mit 15,0 Prozent die zweithöchste Impfquote bundesweit. 128
037 Zweitimpfungen bedeuten dagegen mit 4,4 Prozent aktuell die
niedrigste Quote in Deutschland.

Garg äußerte die Hoffnung, «dass wir im Frühsommer beginnen, mit de
m
Allerschlimmsten durch zu sein, weil ich glaube, die Menschen haben
schlicht und ergreifend die Nase gestrichen voll». Wenn jetzt der
Impfstoff im Mai und Juni in den angekündigten Mengen komme, wäre
dies ein großer Schritt heraus aus der Pandemie.

Seit Dienstag können Hausärzte gegen Corona impfen. «Wir werden die
Pandemie nur durch breites Impfen überwinden können», sagte die
KVSH-Vorsitzende Schliffke. «Die Praxen sind bereit.» Bundesweit
werden zunächst rund 940 000 Dosen Biontech-Impfstoff bereitgestellt.
Damit entfallen im Norden auf eine Praxis wöchentlich nur etwa 20
Dosen. Später sollen die Hausärzte auch mit den Impfstoffen von
Astrazeneca und Johnson & Johnson impfen.

SPD-Fraktionsvize Birte Pauls begrüßte den Impfstart der Hausärzte.
«Viele frustrierte Menschen, die bei der durch die Landesregierung
bürgerunfreundlich inszenierten Telefonrally bislang kein Glück
hatten, einen Impftermin zu ergattern, warten lieber auf eine Impfung
durch ihren Arzt.» Einen großen Vorteil gebe es für Menschen, die
wegen Vorerkrankungen hohe Priorität haben. «Diese mussten sich das
bisher von ihrem Arzt bescheinigen lassen, um sich dann in einem
Impfzentrum impfen zu lassen.»