Staatsrechtler: Stadt hätte «Querdenker»-Protest verbieten können

Stuttgart (dpa/lsw) - Im Streit um die ausgeuferte Demonstration
gegen die Corona-Auflagen am Osterwochenende in Stuttgart
widerspricht der Berliner Rechts- und Verwaltungswissenschaftler
Ulrich Battis der Stadt. Es habe durchaus die Möglichkeit gegeben,
die Großdemonstration mit bis zu 15 000 Teilnehmern vom vergangenen
Samstag zu untersagen, sagte er den «Stuttgarter Nachrichten». «Nach

meinen Informationen habe ich keine Zweifel daran, dass das Land mit
seiner Auffassung im Recht ist, dass die Demonstration hätte verboten
werden können», ergänzte Battis.

Erfahrungen bei ähnlichen Veranstaltungen unter anderem in Berlin und
Kassel hätten gezeigt, dass sich die Veranstalter nicht an die
geltenden Auflagen hielten. «Dass dies in Stuttgart auch so kommen
wird, war von vornherein klar», sagte Battis. Es sei «Unsinn», sich
in Pandemiezeiten auf die Bewegungs- und Versammlungsfreiheit zu
berufen. Hier habe bei Missachtung der Auflagen das Grundrecht auf
körperliche Unversehrtheit Dritter eindeutig Vorrang.

Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) verteidigt dagegen
die Haltung der Stadt. Er betont, es habe vor der Versammlung auf der
Grundlage der Anmeldungen keinen rechtlich begründbaren Ansatz
gegeben, ein Versammlungsverbot auszusprechen. Die gegenteilige
Rechtsauffassung des Sozialministeriums sei «nicht nachvollziehbar».
Innenminister Thomas Strobl (CDU) will die Umstände rund um den
Protest der Bewegung «Querdenken 711» aufarbeiten und prüfen lassen,

ob solch «gefährliche Veranstaltungen» in der Corona-Pandemie erlaubt

werden müssen. Am kommenden Montag (12. April) beschäftigt sich zudem
der Innenausschuss des baden-württembergischen Landtags in einer
Sondersitzung erneut mit den «Querdenkern».

Mehr als 1000 Polizisten waren am Samstag zusammen mit Einheiten aus
anderen Bundesländern und der Bundespolizei im Einsatz gewesen. Sie
schritten wegen der Verstöße gegen die Corona-Regeln aber kaum ein.