Deutscher Luxus-Makler in New York: «Die Ampeln stehen auf Grün» Von Christina Horsten, dpa

Wolkenkratzer mit Skyline-Blick oder Townhouse auf der Upper East
Side: Der Immobilienmarkt New Yorks ist faszinierend, aber auch hart
umkämpft und in der Corona-Krise zusammengekracht. Mittendrin: Ein
deutscher Makler, der die Zukunft seiner Branche jetzt rosig sieht.

New York (dpa) - Noch ist die Corona-Krise auch in New York nicht
vorbei. Aber der Immobilien-Markt ziehe zumindest schon wieder
mächtig an, sagt Sebastian Steinau. «Das ist das Schöne an New York -

es ist unheimlich dynamisch. Wenn sich die Preise auch lange nach
unten bewegt haben, umso schneller gehen sie dann auch wieder in die
Höhe, und momentan kommt der Markt wirklich unheimlich schnell
wieder.» Der 42-Jährige aus Neheim im Sauerland ist seit rund fünf
Jahren Luxus-Makler in New York - und «momentan echt guter Dinge».

«Das ist hier gerade «YOLO meets FOMO»», sagt Steinau. Das heißt

übersetzt soviel wie: Man lebt nur einmal, kombiniert mit der Angst,
etwas zu verpassen. «Wir haben alle ein beschissenes Jahr hinter uns.
Die Perspektive hat sich verändert. Da denken viele, jetzt ist eine
gute Zeit, um sich vielleicht mal ein bisschen zu belohnen, zu
genießen, eine tolle Wohnung mit eigenem Außenbereich zu kaufen. Und
die Stadt kommt ja wieder. Die Ampeln stehen auf Grün.»

Im vergangenen Frühjahr war die Millionenmetropole an der Ostküste
zum Epizentrum der Pandemie in den USA geworden. Bislang haben sich
in der Stadt mit rund acht Millionen Einwohnern mehr als 800 000
Menschen angesteckt, mehr als 30 000 sind nach einer Infektion
gestorben. Der Immobilienmarkt wurde von der daraus resultierenden
Krise weitgehend auf den Kopf gestellt. «Der Markt war auch 2018/2019
schon unheimlich schwer», sagt Steinau. Das habe unter anderem daran
gelegen, dass die internationale Nachfrage aus unterschiedlichen
politischen und wirtschaftlichen Gründen nachgelassen habe. «Aber
letztes Jahr war er komplett krass.» Er sei trotzdem aktiv geblieben
und habe auch einiges verkauft. «Aber es war zurückhaltend.» 

Von etwa 7500 Wohnungsverkäufen im Gesamtwert von knapp 14 Milliarden
Dollar 2020 schrieb die «New York Times» unter Berufung auf eine
Umfrage des Branchendienstes CityRealty. 2019 waren es noch fast
12 000 Verkäufe im Gesamtwert von fast 24 Milliarden Dollar.

Inzwischen aber hat sich das Infektionsgeschehen in der Metropole
stabilisiert, die Impf-Kampagne kommt gut voran, und die Hoffnung ist
nach New York zurückgekehrt. Schon im Januar diesen Jahres
verdoppelte sich die Zahl der Wohnungsverkäufe in Manhattan und
Brooklyn im Vergleich zum Januar 2020, analysierte die Maklerfirma
Douglas Elliman.

«Ich glaube, solche Zeiten gab es lange nicht mehr, und es ist echt
schön, das zu sehen und zu verfolgen», sagt Steinau. Noch seien große

Rabatte möglich, das Preisniveau sei vergleichsweise niedrig, und
noch seien es auch wegen Reise-Beschränkungen hauptsächlich lokale
Kunden. Vieles laufe noch per Video-Schalte. Gerade habe er einem
Paar aus Kalifornien eine Wohnung verkauft, die es zuvor nur per Zoom
besichtigt habe. Aber auch die internationale Nachfrage steige wieder
an, ein deutscher Interessent sei schon vorbeigekommen. «Wir schauen
momentan sehr positiv in die Zukunft.»

Steinau ist spezialisiert auf Wohn-Immobilien ab fünf Millionen
Dollar - vor allem in Nobel-Hochhäusern oder Townhouses in schicken
Gegenden wie der Upper East Side oder der Upper West Side von
Manhattan. Er zeigt aber auch schon ab etwa einer Million und hat
auch schonmal etwas für 30 Millionen verkauft. Wer nicht mindestens
eine Million Dollar übrig habe, sagt Steinau, für den mache das
Investieren in Manhattan finanziell keinen Sinn.

Seine Kunden kommen normalerweise aus der ganzen Welt und haben oft
hohe Anforderungen: Panikräume beispielsweise, in die sie sich im
Notfall mit der Familie zurückziehen können. Oder Marmor aus
Pakistan, Steine aus japanischen Tempeln und eine mindestens zehn
Meter hohe Wand für ein ganz bestimmtes Kunstwerk. Ausblick auf den
Central Park oder die Skyline sowieso, aber in diesen Zeiten auch vor
allem ein großer privater Außenbereich.

«Ich arbeite in dieser Welt, aber das ist nicht mein Leben»,
sagt Steinau. «Ich finde es bewundernswert, dass es so eine Welt
gibt, die sich die meisten Menschen selber aufgebaut haben. Zum Teil
habe ich natürlich auch Freunde in dieser Welt, aber es ist nicht
meine. Und sie bringt ja auch viel Negatives mit sich, viele müssen
sich Sorgen um ihre Sicherheit und die ihrer Kinder machen.»

In die Immobilien-Branche kam Steinau durch Zufall. Nach der
Schulzeit in Deutschland, während der er wie sein Vater erfolgreicher
Springreiter war, studierte er Wirtschaft in London und arbeitete
dann unter anderem in Malawi und Papua-Neuguinea. Schließlich bot ihm
ein Bekannter auf den Turks- und Caicosinseln in der Karibik an, den
Verkauf für rund 200 Luxus-Anwesen auf einer Privatinsel mit
Privatflughafen zu leiten. «Das war das erste Mal, dass ich
Immobilien, also in diesem Fall Grundstücke, verkauft habe. Es war
eine harte, aber auch eine sehr gute Schule. Diese amerikanische Art
zu verkaufen, gleich alle Karten auf den Tisch zu legen. Willst du es
oder willst du es nicht? Wir Deutschen sind da ja eher
zurückhaltender und beschnuppern uns erstmal.»

Sechs Monate lang verkaufte Steinau gar nichts - aber dann lief es
rund. Nach einem zweiten gescheiterten Insel-Projekt und einer Zeit
in einem Resort lernte er dann 2013 in einem Club in New York seine
heutige Frau kennen und zieht rund zwei Jahre später zu ihr. «Nach
zehn Jahren Karibik war meine Piratenzeit dann auch mal vorbei.» In
New York trifft er auf einen heiß umkämpften Immobilien-Markt mit
scharfer Konkurrenz. Mehr als 25 000 Makler gibt es städtischen
Angaben zufolge in der Metropole. «Vielleicht war da eine gewisse
Naivität bei mir da, denn es ist natürlich ein grandioser Markt, aber
auch einer der härtesten.»

Steinau heuert beim neu entstehenden Luxusturm-Stadtviertel Hudson
Yards an, übernimmt dann einen neuen Wolkenkratzer nahe des Museum of
Modern Art und macht sich schließlich selbstständig. «Man muss clever

sein, man muss so eine gewisse positive Grundaggressivität haben und
einfach richtig hart arbeiten - und das erkennt einem der Amerikaner
dann auch richtig hoch an.»

Inzwischen lebt Steinau mit seiner Frau, deren Sohn und einer
gemeinsamen kleinen Tochter nördlich des Central Parks. «Offene
Sichten» seien ihm beim eigenen Wohnen wichtig, sagt er. Bei der
Arbeit gehe es ihm aber vor allem darum, seine Kunden glücklich zu
machen. «Das ist so ein tolles Gefühl, wenn du eine Immobilie für
einen Kunden findest, der dann dort einzieht und dich dann ein Jahr
später anruft und sagt: «Wow, das ist das Allerschönste.» Wie tol
l
ist das?»