Tausende «Querdenker» beim Protest in Stuttgart

2500 wurden erwartet. Tatsächlich kommen aber deutlich mehr Menschen
am Samstag in Stuttgart zusammen, um ihren Unmut gegen die
Corona-Regeln kundzutun. Die Hygieneregeln werden dabei größtenteils
nicht eingehalten.

Stuttgart (dpa) - Tausende Menschen sind nach Angaben der Polizei am
Samstag zur zentralen Kundgebung der «Querdenken»-Bewegung auf den
Cannstatter Wasen in Stuttgart geströmt, um gegen die Corona-Auflagen
zu demonstrieren. Die Polizei war in der Stadt schon seit dem
Vormittag mit Hunderten Beamten an verschiedenen Orten aufgestellt,
weil zehn teilweise unterschiedliche Kundgebungen angemeldet waren.

Im Vorfeld gingen die Behörden von 2500 Teilnehmern in Stuttgart-Bad
Cannstatt aus. Diese Zahl war bereits am frühen Nachmittag deutlich
überschritten. Genaue Zahlen konnte die Stuttgarter Polizei
allerdings nicht nennen. Die Anmelder gingen von 6000 Menschen aus.
Die «Querdenken»-Bewegung und ihre Mitstreiter sprechen sich gegen
die derzeitigen Corona-Maßnahmen aus. Die Bewegung wird vom Landesamt
für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg beobachtet.

Auf die Frage, ob Menschen, die auf dem Weg zum Wasen waren, Masken
trugen, sagte der Stuttgarter Polizeisprecher Stefan Keilbach: «Ich
sehe hier 20 Leute mit Masken, und das sind Polizisten.»

Zuvor hatten Gegendemonstranten versucht, den Aufzug von Teilnehmern
einer Versammlung gegen die Corona-Maßnahmen am Weiterzug zum
Cannstatter Wasen zu hindern. «Sie standen teilweise vermummt mit
Fahrrädern oder saßen auf der Bundesstraße 14 und sind auch jetzt
noch vor Ort», sagte ein Polizeisprecher am Nachmittag. Die Polizei
werde sie zur Not wegtragen müssen, denn die Straße müsse freigeräu
mt
werden. Beamte versuchten es zunächst mit Ansprachen und
Platzverweisen.

Die Auflagen des Demonstrationszugs, der vom Marienplatz in der
Stuttgarter Innenstadt zur zentralen Kundgebung auf dem Cannstatter
Wasen unterwegs war, wurden laut Polizei größtenteils nicht
eingehalten. Die Beamten wiesen die Menschen immer wieder darauf hin,
Masken aufzusetzen und die vorgeschriebenen Abstände einzuhalten.
Polizeihubschrauber waren zur Dokumentation des Geschehens über dem
Stadtgebiet im Einsatz.

In einem Tweet der Polizei hieß es: «Masken- und Abstandsverstöße
werden von uns beweissicher dokumentiert.» Ein Fotograf der Deutschen
Presse-Agentur berichtete von einer Volksfeststimmung bei den
Teilnehmern der Versammlung auf dem Marienplatz. Die Polizei ist mit
mehreren Hundert Beamten vor Ort. Die Stadt Stuttgart hat im Falle
von Verstößen gegen die Maskenpflicht und die vorgeschriebenen
Abstände angekündigt, Versammlungen aufzulösen. Der Sprecher der
Stadt Stuttgart, Sven Matis, twitterte am Samstag: «Wir sind
hellwach.»

Am Vortag hatte sich das Gesundheitsministerium sehr besorgt über
Veranstaltungen der Corona-Leugner geäußert. Ministerialdirektor Uwe
Lahl wies eindringlich darauf hin, dass die Corona-Verordnung
durchaus ein Verbot hergegeben hätte. «Meine Prognose ist, dass die
Hygieneregeln bei der Veranstaltung nicht eingehalten werden», sagte
Lahl am Freitag. Die Stadt Stuttgart sah zu desem Zeitpunkt
allerdings keine Handhabe für ein Verbot.

Im vergangenen Sommer hatten auf dem Wasen bis zu 10 000 Menschen
demonstriert. Zuletzt hatte am 20. März eine Demonstration in Kassel
mit mehr als 20 000 Menschen für Schlagzeilen gesorgt - erlaubt waren
nur 6000. Es kam zu teils gewalttätigen Auseinandersetzungen.