Proteste gegen Ausgangsbeschränkungen - «Oster-Impf-Turbo» in Hamburg

Die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen in Hamburg schmecken nicht
jedem. Kurz vor Beginn dieser weiteren Corona-Einschränkung drängt es
Demonstranten auf die Straße. Die Gesundheitsbehörde will derweil mit
täglich 1000 Extra-Terminen einen «Oster-Impf-Turbo» starten.

Hamburg (dpa/lno) - Kurz vor Beginn der nächtlichen
Ausgangsbeschränkungen in Hamburg sind etwa 200 Frauen und Männer aus
Protest gegen die Corona-Auflagen durch die Stadtteile St. Pauli und
Altona gezogen - und schließlich von der Polizei zerstreut worden.
Wie ein Sprecher der Polizei am Freitag sagte, war am Donnerstagabend
zwar eine Kundgebung mit 50 Teilnehmenden auf St. Pauli angemeldet
und zugelassen worden. Im Laufe des Abends hätten sich aber bis zu
250 überwiegend junge Menschen am Demonstrationsort versammelt. Etwa
200 von ihnen schlossen sich später dem nicht erlaubten Marsch an.
Für Freitagabend war eine weitere Demonstration angekündigt.

In der Hansestadt sollte am Freitag erstmals die nächtliche
Ausgangsbeschränkung gelten. Der rot-grüne Senat will damit die
Corona-Infektionsdynamik in der Stadt abbremsen. Vorerst bis zum 18.
April ist es zwischen 21.00 und 5.00 Uhr morgens nicht erlaubt, die
Wohnung ohne triftigen Grund zu verlassen. Ausnahmen gelten etwa für
berufliche Tätigkeiten, Gassigehen mit dem Hund oder körperliche
Ertüchtigungen im Freien, allerdings immer nur für eine Person. Bei
Verstößen droht ein Bußgeld. Die Polizei hat über die Feiertage
verstärkte Kontrollen angekündigt.

Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) verteidigte im ZDF
(Donnerstag) den Schritt des Senats: «Diese dritte Welle klingt immer
so seicht. Wir haben eine Sturmflutwarnung aus der Wissenschaft
bekommen, und wir in Hamburg machen dann gleich die Schotten zu und
warten nicht, dass uns das Wasser bis zum Hals steht.» Die
Gesundheitsbehörde riet zudem erneut von Reisen über die Feiertage
ab. Zwar gebe es keine generelle Einschränkung der Mobilität
innerhalb Deutschlands. «Alle Hamburgerinnen und Hamburger werden
jedoch aufgefordert, auf private Reisen und Besuche zu verzichten.»

FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki kritisierte die Ausgangsbeschränkung
dagegen als lebensfremd. «Ich möchte mal sehen, was bei schönem
Wetter passiert: Was sollen die Behörden denn machen, wenn am späten
Abend noch Tausende Menschen am Elbstrand sitzen?», sagte der
Bundestagsvizepräsident dem Online-Portal «Abendblatt.de»
(Donnerstag). Er habe zudem Zweifel daran, dass die Beschränkung
wirke, «wenn beispielsweise in einem Hochhaus am Mümmelmannsberg der
12. Stock den 3. Stock besucht, um gemeinsam Love Island zu schauen».
Da habe sich der rot-grüne Senat mächtig verhoben.

Die Zahl der nachgewiesenen Corona-Infektionen in Hamburg stieg
unterdessen am Freitag um 483. Das sind 58 Fälle weniger als am
Donnerstag und 60 weniger als am Freitag vor einer Woche, wie die
Gesundheitsbehörde mitteilte. Die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl
der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen, sank
von 163,3 auf 160,1. Am Freitag vor einer Woche hatte der Wert 136,1
betragen. Die Zahl der in Hamburg an oder mit Corona gestorbenen
Menschen gab das Robert Koch-Institut (RKI) mit 1393 an - elf mehr
als am Vortag.

Die Zahl der einmal Geimpften gab die Gesundheitsbehörde mit Stand
Mittwoch mit 213 839 an, 4419 mehr als am Tag zuvor. Bereits zwei Mal
und damit vollständig geimpft seien inzwischen 90 757 Hamburgerinnen
und Hamburger, 1322 mehr als am Tag zuvor. Über die Feiertage
kündigte die Gesundheitsbehörde einen «Oster-Impf-Turbo» an. Viele

der 78- und 79-Jährigen hätten bereits oder würden noch am Karsamstag

Post bekommen. «Jeder, der einen Brief erhält, ist impfberechtigt und
für jeden gibt es einen Termin», sagte ein Behördensprecher.

Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (SPD) appellierte an die
Aufgerufenen, sich rasch um einen Termin zu bemühen. «Wir wollen so
schnell vorankommen, wie es möglich ist. Deswegen haben wir
ausreichend Termine im Buchungsportal bereitgestellt, die auch sehr
zeitnah stattfinden. Ich habe außerdem veranlasst, dass am
Osterwochenende pro Tag 1000 zusätzliche Termine zur Verfügung
stehen.» Wer aufgerufen sei, könne also zügig drankommen.

Das Oberverwaltungsgericht Hamburg bestätigte unterdessen die vom
Senat erlassene Maskenpflicht für Jogger an Alster, Elbe und im
Jenischpark. Ein anderslautender Beschluss des Verwaltungsgerichts
sei geändert und ein entsprechender Eilantrag gegen die Maskenpflicht
an Wochenenden und Feiertagen in der Zeit zwischen 10.00 und 18.00
Uhr abgelehnt worden, teilte ein Gerichtssprecher am Donnerstag mit.
Der Senat hatte Beschwerde gegen den Beschluss der Vorinstanz
eingelegt, die dem Antragsteller, der in Elbnähe wohnt, gefolgt war.
Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.