Nächtliche Ausgangsbeschränkung in Hamburg ab Karfreitag

Statt am Osterfeuer zu sitzen sollen die Hamburger die kommenden
Nächte zu Hause bleiben. Wer sich ohne triftigen Grund nach 21.00 Uhr
draußen aufhält, riskiert ein Bußgeld. Bürgermeister Tschentscher
hofft, dass die Ausgangsbeschränkung das Coronavirus ausbremst.

Hamburg (dpa/lno) - Angesichts weiter steigender Corona-Inzidenzwerte
hat der Hamburger Senat eine nächtliche Ausgangsbeschränkung
beschlossen. Ab Karfreitag soll es zwischen 21.00 Uhr abends und 5.00
Uhr morgens nicht erlaubt sein, die Wohnung ohne triftigen Grund zu
verlassen. «Wir müssen jetzt eine deutliche Bremsung hinbekommen»,
sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Mittwoch. Die
Lebensmittelläden müssen ebenfalls bereits um 21.00 Uhr schließen.
Lieferdienste dürfen aber auch danach noch Essen ausliefern.

Nach Ostern werden die Kitas wieder in den erweiterten Notbetrieb
gehen. Das heißt, die Eltern sollen ihre Kinder nur noch in die Kita
bringen, wenn eine andere Betreuung nicht möglich ist. An Schulen
wird für Schüler und Lehrer eine Testpflicht eingeführt. Bisher waren

die Schnelltests, die mehrmals in der Woche durchgeführt wurden,
freiwillig. Tschentscher deutete an, dass die Kitas und Schulen nach
dem Bund-Länder-Beschluss von vergangener Woche geschlossen werden
müssten, sollte der Inzidenzwert über 200 liegen. Von diesem Wert sei
Hamburg mit über 160 nicht weit entfernt.

Ausgenommen von der Ausgangsbeschränkung sind nach den Worten von
Tschentscher Arbeitswege oder Notfälle. Auch die körperliche
Betätigung von einzelnen Personen bleibt nachts erlaubt, ebenso die
Versorgung von Tieren, also etwa das Ausführen von Hunden.

Die körpernahen Dienstleistungen wie Tattoo- und Kosmetikstudios
müssen wieder ganz schließen. Friseursalons dürfen Kunden bedienen,
die zuvor einen Schnelltest gemacht und einen Termin vereinbart
haben. Tankstellen dürfen weiterhin rund um die Uhr öffnen.

Auf die Frage, ob der Besuch der nächtlichen Ostergottesdienste noch
erlaubt ist, sagte Tschentscher: «Ich bin als evangelischer Christ
Weihnachten nicht zum Gottesdienst gegangen - zum ersten Mal in
meinem Leben. Und das werde ich auch Ostern nicht tun.» Er verwies
auf die sehr gute Zusammenarbeit der Kirchen bei der
Pandemiebekämpfung. Das Erzbistum forderte die katholischen Gemeinden
in Hamburg auf, die Zeiten ihrer Ostergottesdienste anzupassen.

In Unternehmen soll die Maskenpflicht verschärft werden. Sobald mehr
als ein Mensch in einem Raum arbeitet, müssen medizinische Masken
getragen werden. Tschentscher appellierte an die Unternehmen,
Schnelltests bei den Mitarbeitern durchzuführen. Sollten freiwillige
Selbstverpflichtungen nicht ausreichen und der Bund keine
entsprechende Regelung treffen, werde Hamburg auch eigene Maßnahmen
ergreifen, sagte er. Die neue Eindämmungsverordnung gilt vorerst bis
zum 18. April.

Die Maßnahmen seien sinnvoll, verhältnismäßig und wirksam, sagte di
e
Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne). Sie bezögen die
Wirtschaft mit ein und gingen nicht einseitig zulasten des
Privatbereichs. «Es ist wichtig, dass wir ein Paket machen, das
wirklich in aller Lebensbereiche hineingreift.» Dabei gehe es auch um
Akzeptanz.

Am 22. März hatten die Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela
Merkel beschlossen, dass in Gebieten mit einer Sieben-Tage-Inzidenz
von mehr als 100 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner
Ausgangsbeschränkungen erlassen werden können. Der Hamburger Senat
hatte von dieser Möglichkeit zunächst keinen Gebrauch gemacht, auch
nicht in der seit Montag geltenden Verordnung.

«Wir sind uns alle der hohen Eingriffsintensität bewusst», sagte
Innensenator Andy Grote (SPD). Aber die Ausgangsbeschränkung sei auch
aus Sicht der Polizei eine sehr wirksame Maßnahme. Im vergangenen
halben Jahr seien rund 3600 Verstöße gegen die Corona-Regeln im
privaten Bereich festgestellt worden. Zwei Drittel davon hätten sich
zwischen 21.00 und 5.00 Uhr ereignet. Wer nun nachts ohne triftigen
Grund auf der Straße angetroffen werde, müsse mit einem Bußgeld von
mindestens 150 Euro rechnen.

Der Innensenator warb um Verständnis für die Beamten, auch wenn es zu
«unangenehmen Gesprächen» kommen sollte: «Wenn diese Maßnahme wir
ksam
ist, muss sie überwacht werden. Das macht kein Polizist gerne, das
macht niemandem Spaß.» Bereits am Dienstag hatte die Gewerkschaft der
Polizei vor Konflikten gewarnt. «Wir werden diese Sperren
durchsetzen, aber das wird möglicherweise auch nicht immer friedvoll
ablaufen, vielleicht kommt es auch zu zahlreichen Ingewahrsamnahmen»,
hatte GdP-Landeschef Horst Niens erklärt.

Eine landesweite nächtliche Ausgangssperre war Anfang Februar in
Baden-Württemberg vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim gekippt worden.
Regional wurden dagegen schon häufiger Ausgangsbeschränkungen
eingeführt. Mehrere niedersächsische Landkreise haben diese Maßnahme

ebenfalls ergriffen. Auch Brandenburg hat Ausgangsbeschränkungen für
Landkreise mit einer Inzidenz über 100 beschlossen.

Die Hamburger Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen
pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen, kletterte am Mittwoch von
153,7 auf 163,7. Die Zahl der nachgewiesenen Corona-Infektionen
erhöhte sich um 590 Fälle, wie die Gesundheitsbehörde mitteilte. Das

war der größte Zuwachs an einem Tag seit dem 5. Januar.

Die Zahl der in Hamburg an oder mit Corona gestorbenen Menschen gab
das Robert Koch-Institut (RKI) mit 1378 an - 6 mehr als am Vortag.
Damit meldete das RKI für den Monat März insgesamt 108 neue
Corona-Todesfälle - ein vergleichsweise deutlicher Rückgang: Im
Februar waren es 199, im Januar noch 439.

288 Covid-19-Erkrankte wurden mit Stand Dienstag in Hamburger
Krankenhäusern behandelt. Das waren 3 mehr als am Montag. Auf den
Intensivstationen lagen 94 Patienten, 2 mehr als am Montag. Anfang
Januar, zum Höhepunkt der zweiten Welle, hatten mehr als 600
Corona-Patienten in den Hamburger Krankenhäusern gelegen, davon bis
zu 117 auf Intensivstationen.