Berliner Kliniken stoppen Astrazeneca-Impfungen bei Frauen unter 55

Die Berliner landeseigenen Kliniken Charité und Vivantes werden
vorerst keine Frauen unter 55 Jahren mehr mit dem Vakzin des
Herstellers Astrazeneca impfen. Und sie sind nicht die einzigen.

Berlin (dpa) - Die Berliner Universitätsklinik Charité und der
ebenfalls landeseigene Klinikbetreiber Vivantes haben bis auf
Weiteres alle Impfungen ihrer Mitarbeiterinnen unter 55 Jahren mit
dem Präparat von Astrazeneca gestoppt. «Dieser Schritt ist aus Sicht
der Charité notwendig, da in der Zwischenzeit weitere
Hirnvenenthrombosen bei Frauen in Deutschland bekannt geworden sind»,
sagte die Sprecherin der Charité, Manuela Zingl, am Dienstag.

Vivantes habe die Impfungen für Frauen unter 55 ab Dienstag
vorsorglich ausgesetzt. Dies betreffe vor allem die eigenen
Belegschaft, teilte eine Sprecherin mit. Weitere Details sollten
Nachmittag mitgeteilt werden. 

In Nordrhein-Westfalen sprachen sich die Leiter von fünf der sechs
Uni-Kliniken für einen vorläufigen Stopp von Impfungen jüngerer
Frauen mit dem Wirkstoff von Astrazeneca aus. Das Risiko von weiteren
Todesfällen sei zu hoch, heißt es in einem gemeinsamen Brief an den
Bundes- und den Landesgesundheitsminister, der der Deutschen
Presse-Agentur vorliegt.

Die Charité-Sprecherin Zingl betonte, dass in der Charité keine
Komplikationen nach Impfungen mit Astrazeneca aufgetreten seien.
Diese wolle jedoch vorsorglich agieren und abschließende Bewertungen
abwarten. Die Charité habe in der Pandemie bisher rund 16 000 Erst-
und Zweitimpfungen an ihr Personal verabreicht. «Davon entfiel der
größte Teil auf Astrazeneca», sagte Zingl.

Deutschland - und zahlreiche andere Staaten - hatten die Impfung mit
dem Astrazeneca-Stoff im März vorübergehend ausgesetzt, weil mehrere

Fälle mit Thrombosen (Blutgerinnseln) in den Hirnvenen in zeitlichem
Zusammenhang zur Impfung gemeldet wurden. Mittlerweile wird der
Impfstoff wieder verabreicht. Die Europäische Arzneimittel-Agentur
Ema hatte die Sicherheit des Vakzins bekräftigt, auch die Ständige
Impfkommission in Deutschland hatte sich für eine weiteren Einsatz
den Mittels ausgesprochen.

Der Kreis Euskirchen in Nordrhein-Westfalen hatte bereits am Montag
die Corona-Schutzimpfung von Frauen unter 55 mit dem Wirkstoff von
Astrazeneca vorläufig gestoppt. Nachdem eine geimpfte Frau (47)
vergangene Woche gestorben war, sei dem Kreis nun der Verdacht auf
«eine schwerwiegende Erkrankung» einer 28-Jährigen nach der Impfung
mit Astrazeneca gemeldet worden, hieß es. Beide hatten laut Kreis
eine Sinusvenenthrombose erlitten.

In Deutschland sind bislang 31 Fälle einer Sinusvenenthrombose nach
Impfung mit dem Impfstoff von Astrazeneca bekannt, wie das
Paul-Ehrlich-Institut am Dienstag berichtete. Bis Montagmittag (29.
März) waren dem Institut 31 Fälle gemeldet worden, in 19 Fällen wurde

zusätzlich eine Thrombozytopenie gemeldet. In neun Fällen war der
Ausgang tödlich, wie das für die Sicherheit von Impfstoffen
zuständige Institut in Langen berichtete.

Mit Ausnahme von zwei Fällen betrafen laut PEI alle Meldungen Frauen
im Alter von 20 bis 63 Jahren. Die beiden Männer waren 36 und 57
Jahre alt. Laut Impfquotenmonitoring des Robert-Koch-Instuituts
wurden bis einschließlich Montag 2,7 Millionen Erstdosen und 767
Zweitdosen von Astrazeneca verimpft.