Kommen nächtliche Ausgangssperren? - Kreise machten gute Erfahrungen

Angesichts steigender Infektionszahlen will die Landesregierung die
Corona-Maßnahmen verschärfen. Ein Mittel sollen nächtliche
Ausgangssperren sein. Kann diese Maßnahme helfen?

Hannover (dpa/lni) - Das Land Niedersachsen plant nächtliche
Ausgangssperren, um das Infektionsgeschehen zu bremsen - einige
Kreise haben damit bereits gute Erfahrungen gemacht. Nach
Einschätzungen der Grafschaft Bentheim und des Kreises Gifhorn hatten
die Maßnahmen dazu beigetragen, die Infektionsraten zu senken, wie
die Kreisverwaltungen in Gifhorn und Nordhorn der Deutschen
Presse-Agentur am Freitag mitteilten. Auch der Kreis Wesermarsch
sowie die Städte Norderney und Papenburg (Emsland) verhängten nach
hohen Infektionszahlen schon nächtliche Ausgangssperren.

Eine solche Maßnahme könnte demnächst mehr Orte mit hohen Inzidenzen

in Niedersachsen treffen und für einige sogar verpflichtend werden.
Denn angesichts massiv steigender Infektionszahlen plant die
Landesregierung, Regelungen zu nächtlichen Ausgangssperren in der
neuen Corona-Verordnung zu verankern. Im Entwurf ist vorgesehen, dass
Bewohner dann zwischen 21.00 und 5.00 Uhr die eigene Wohnung nur noch
aus einem triftigen Grund verlassen dürften - etwa bei einem
medizinischen Notfall.

In Landkreisen und großen Städten mit über 100 Neuinfektionen je
100 000 Einwohner binnen einer Woche soll die Ausgangssperre als eine
Möglichkeit für verpflichtende Beschränkungen aufgenommen werden. Ab

einer Sieben-Tage-Inzidenz von 150 sollen nächtliche Ausgangssperren
verpflichtend werden, aber nicht automatisch im gesamten Kreisgebiet.

Am Freitag lag die Sieben-Tage-Inzidenz in fast der Hälfte der 37
Landkreise und 8 kreisfreien Städte über einem Wert von 100. Bereits
8 Landkreise und Städte überschritten die Schwelle von 150. Dazu
zählten die Kreise Celle (161,4), Cloppenburg (206,2), Emsland
(195,7), Leer (176,3), Peine (163,2), Wesermarsch (153,5) sowie die
Städte Osnabrück (198,5) und Salzgitter (195,6).

Die Grafschaft Bentheim, die bereits Ende 2020 als erster Kreis in
Niedersachsen eine nächtliche Ausgangssperre verhängte, teilte auf
Anfrage mit, dass man gute Erfahrungen mit der Regelung gemacht habe.
Die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen einer Woche
sei während der Sperre von rund 230 auf gut 120 gesunken. In der Zeit
der Ausgangssperre einschließlich Weihnachten und Silvester seien
kaum Verstöße gemeldet worden, sagte eine Kreissprecherin. «Die
Grafschafter waren hochdiszipliniert.»

Eine positive Bilanz zog auch der Kreis Gifhorn. Mitte Januar erließ
der Kreis bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von rund 260 schärfere
Schutzmaßnahmen, darunter auch eine nächtliche Ausgangssperre. «Im
Ergebnis muss festgehalten werden, dass die 7-Tage-Inzidenz nach rund
zweiwöchiger Ausgangssperre um rund 150 Punkte gefallen ist», teilte
der Gifhorner Landrat Andreas Ebel (CDU) auf Anfrage mit. Von der
Maßnahme sei eine Signalwirkung ausgegangen. Die Einwohner hätten
sich diszipliniert gezeigt.

Die Epidemiologin Berit Lange hatte bereits Ende Februar an
Landkreise mit hohen Corona-Infektionszahlen appelliert, nicht vor
härteren Einschränkungen auf kommunaler Ebene zurückzuschrecken. Die

Landkreise und Gesundheitsämter würden genau analysieren, wo sich das
Infektionsgeschehen abspiele. «Habe ich zum Beispiel viele
Infektionen im privaten Bereich, greifen Ausgangssperren. Sie führen
dazu, dass sich die Leute abends nicht mehr besuchen», sagte die
Wissenschaftlerin vom Helmholtz-Institut für Infektionsforschung
(HZI) in Braunschweig der Deutschen Presse-Agentur.