Biontech/Pfizer prüfen Corona-Impfstoff an jüngeren Kindern

Noch dürfen Kinder in der EU nicht gegen das Coronavirus geimpft
werden. Das soll sich aber ändern. Tests laufen.

Mainz (dpa) - Biontech und Pfizer haben mit Studien zu Wirkung und
Sicherheit ihres Corona-Impfstoffs bei Kindern bis einschließlich elf
Jahren begonnen. Bisher ist das Vakzin, das das Mainzer Unternehmen
zusammen mit dem US-Hersteller entwickelt hat, für Jugendliche ab 16
Jahren bedingt zugelassen. Studien für die Altersgruppe 12 bis 16
laufen bereits. Nun werden auch Kinder ab sechs Monaten in die
Studien einbezogen, wie eine Biontech-Sprecherin der Deutschen
Presse-Agentur berichtete.

«Jüngere Kinder, die einen großen Teil der Weltbevölkerung stellen,

spielen eine entscheidende Rolle in unserem Kampf gegen Covid-19»,
teilten die Unternehmen mit. Wenn die Studien erfolgreich sind und
die Zulassungsbehörden das Produkt genehmigen, könne der Impfstoff
nach Einschätzung der Unternehmen Anfang 2022 für jüngere Kinder
verfügbar sein.

Auch andere Impfstoffhersteller haben bereits mit Studien an Kindern
begonnen. Das gehört nach Angaben des Verbands Forschender
Arzneimittelhersteller (vfa) zu den Auflagen der Europäischen
Arzneimittel-Agentur (EMA), die an die bedingten Zulassungen für
Erwachsene geknüpft sind. Üblicherweise arbeiten sich die Hersteller
altersgruppenweise zu immer jüngeren Kindern vor.

Die ersten Probanden bis einschließlich elf Jahren seien am
Donnerstag geimpft worden, berichteten Pfizer und Biontech am
Freitag. Das sei Teil der fortgeführten Studien der Phasen 1, 2 und
3, mit denen Sicherheit, Verträglichkeit und Immunogenität des
Pfizer-Biontech-Impfstoffs BNT162b2 überprüft werden.

Einbezogen würden gesunde Kinder zwischen sechs Monaten und elf
Jahren. Zwei Drittel der Probanden bekommen den Angaben zufolge den
tatsächlichen Impfstoff, ein Drittel ein Placebo. Teilnehmen sollen
rund 4500 Kinder in den Vereinigten Staaten und Europa.

In Phase 1 geht es um die richtige Dosis. Dafür werden die Kinder in
drei Altersgruppen unterteilt: fünf bis elf Jahre, zwei bis fünf
Jahre und unter zwei Jahre. Die älteste Gruppe beginnt, zunächst mit
144 Teilnehmern, danach sollen schrittweise die jüngeren Gruppen
folgen. In Phase 2 und 3 werden dann Sicherheit, Verträglichkeit und
Immunogenität der für die einzelnen Altersgruppen ermittelten
Dosierung des Vakzins geprüft.

An Kindern zwischen 12 und 15 Jahren wird der Impfstoff als Teil der
Phase 3 bereits seit Herbst 2020 getestet. 2259 Kinder in dieser
Altersgruppe nehmen den Angaben zufolge daran teil. Die Daten seien
vielversprechend und sollen bald veröffentlicht werden.

Laut Paul-Ehrlich-Institut können Impfstoffe nur für die
Altersgruppen zugelassen werden, für die Daten zur Wirksamkeit und
Sicherheit aus klinischen Prüfungen vorliegen. In diesem Fall würde
die bestehende Zulassung durch eine sogenannte Änderungsanzeige auf
Jüngere ausgedehnt.

Bei Kinderärzten wird das Impfen von Kindern unterschiedlich
beurteilt: Sie erkranken selbst so gut wie nie schwer, können aber
das Virus unbemerkt weitertragen. Ob die Ständige Impfkommission
(Stiko) eine Impfung für Kinder in Deutschland empfehlen würde, ist
offen. Auf die Frage «Wird es eine Impfempfehlung für Kinder gegen
Covid-19 geben?», schreibt das Robert Koch-Institut auf seiner
Webseite: «Das ist bisher noch nicht absehbar.»

Der Erste Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische
Infektiologie, Johannes Hübner, sagte dem SWR, er hoffe auf die
Zulassung eines Corona-Impfstoffs für Kinder und Jugendliche noch in
diesem Jahr. «Das werden wir sicher empfehlen.» Hübner verwehrte sich

allerdings gegen die Darstellung, Kinder und Jugendliche seien
Pandemie-Treiber: Die gestiegene Zahl an erkannten Infektionen in
diesen Gruppen sei vor allem auf mehr Schnelltests an Schulen und in
Kitas zurückzuführen.

Impfstoff-Studien an Kindern seien nicht unproblematisch, sagte der
Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin der Universität
Mainz und Stiko-Mitglied, Fred Zepp, im Februar der dpa: «Je jünger
der Mensch ist, desto ausgeprägter kann er reagieren und desto
stärker sind eventuell auch Nebenwirkungen.»

Der Kinderschutzbund begrüßte am Freitag, dass die Pharmaunternehmen
nun beginnen, die Impfstoffe bei kleinen Kindern zu testen. «Die
Masernimpfung oder die Impfung gegen Polio retten jedes Jahr Tausende
Kinderleben und verhindern Langzeitfolgen», sagte Heinz Hilgers, der
Präsident des Kinderschutzbundes, den Tageszeitungen der Mediengruppe
VRM. Auch eine Corona-Infektion könne für Kinder gefährlich werden.
«Wenn wir das mit Impfungen verhindern können, müssen wir das auch
tun. Und nicht zuletzt: Ohne Impfungen für Kinder werden wir aus
dieser Pandemie nicht herauskommen.»