Impftempo stagniert - Millionen Dosen in den Ländern im Lager Von Basil Wegener, dpa

Das Impfen kann die dritte Coronawelle in Deutschland nicht
aufhalten. Dafür ist der Impfstoff noch zu knapp. Doch zwischen den
Bundesländern gibt es auch Unterschiede beim Impffortschritt.

Berlin (dpa) - Vor dem angekündigten Schub bei den Corona-Impfungen
stagniert das Tempo der Impfkampagne in Deutschland derzeit weiter.
Auch eine knappe Woche nach dem Ende des Impfstopps für das Präparat
von Astrazeneca ist noch nicht in allen Bundesländern das
Onlinebuchen für Impftermine wieder freigeschaltet worden. Von Land
zu Land ist es dabei unterschiedlich, wie viel von dem gelieferten
Serum bisher tatsächlich verimpft wurde und in welchem Umfang die
Hochbetagten geschützt sind. Mit erwarteten 70,5 bis 73,5 Millionen
Corona-Impfdosen sollen im bevorstehenden zweiten Quartal dann
deutlich mehr Menschen in Deutschland geimpft werden können. Im
ersten Quartal waren es 19,8 Millionen Dosen.

In den Ländern sind Millionen noch nicht gespritzte Impfdosen
vorhanden. Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef
Laumann (CDU) etwa sprach am Mittwoch von «Falschmeldungen zu
«Impfdosen auf Halde»». Er erläuterte, die Impfdosen im Lager müs
sten
für bereits vereinbarte Termine oder Zweitimpfungen zur Verfügung
stehen. Eine Übersicht über gelieferte und gespritzte Impfdosen gibt
das Impfdashboard des Bundesgesundheitsministeriums.

GELIEFERT - GEIMPFT:

Der Bund lieferte bis Dienstag laut den Angaben des Ressorts von
Minister Jens Spahn (CDU) 3,37 Millionen Dosen nach
Nordrhein-Westfalen. 2,31 Millionen davon wurden den Angaben zufolge
bis Mittwoch verabreicht, also 68,5 Prozent. Bayern erreichten 2,46
Millionen Dosen - 1,92 Millionen wurden verimpft (78 Prozent).
Baden-Württemberg bekam 2,08 Millionen Dosen - gespritzt wurden 1,52
Millionen (73,1 Prozent). In Niedersachsen waren es 1,5 Millionen
gelieferte und 1,07 Millionen verimpfte Dosen (71,3 Prozent).

Hessen bekam den Zahlen zufolge 1,19 Millionen und verimpfte 0,87
Millionen (73,1 Prozent). Nach Rheinland-Pfalz gingen mehr als 0,77
Millionen Impfdosen - 0,6 Millionen wurden verimpft (77,9 Prozent).
Sachsen erhielt knapp 0,77 Millionen und verimpfte 0,54 Millionen
(70,1 Prozent). Berlin bekam 0,7 Millionen, verabreicht wurden in der
Hauptstadt 0,53 Millionen Dosen (75,7 Prozent). Schleswig-Holstein
erhielt 0,55 Millionen Dosen, wovon 0,42 Millionen gespritzt wurden
(76,4 Prozent). In Thüringen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Hamburg,
Mecklenburg-Vorpommern, dem Saarland und Bremen liegen die Zahlen
darunter.

Insgesamt wurden laut Robert Koch-Institut am Dienstag rund 268 000
Impfdosen verabreicht - vier Tage nach dem Ende des knapp viertägigen
Astrazeneca-Impfstopps. Am Dienstag vor dem Impfstopp waren es
248 000 Dosen, am Freitag vor dem Stopp 304 000 Dosen.

UNTERSCHIEDE BEI DEN ÜBER-80-JÄHRIGEN:

Deutliche Unterschiede weisen die Ländern auch bei den
Impffortschritten bei jenen auf, die im Fall einer
Covid-19-Erkrankung besonders hohen Risiken eines schweren oder
tödlichen Verlaufs ausgesetzt sind: den Älteren und Vorerkrankten. So

waren laut Robert Koch-Institut am Mittwoch im Saarland mehr als 73
Prozent der Über-80-Jährigen zumindest einmal geimpft - in
Baden-Württemberg und in der NRW-Region Westfalen-Lippe dagegen erst
jeweils rund 59 und in Mecklenburg-Vorpommern erst knapp 50 Prozent.
In Baden-Württemberg sprach Sozialminister Manne Lucha (Grüne)
zuletzt trotzdem von einem «Erfolg», als er ankündigte, bis Ende Mä
rz
werde die Warteliste der Bürgerinnen und Bürger über 80 und bei denen

über 65 Jahren aus bestimmten Berufsgruppen abgearbeitet.

Der Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, hatte
wiederholt gewarnt, dass die Gefährdetsten für schwere
Covid-19-Verläufe benachteiligt würden. Den Grund sah Mertens darin,
dass etwa Lehrkräfte, Erzieher oder Polizisten vorrangig geimpft
würden, auch wenn sie jung und gesund seien. So ist beispielsweise in
Baden-Württemberg schon seit Mitte Februar das pädagogische Personal
in Schulen und Kindertagesstätten impfberechtigt. In Berlin etwa
wurde der Kreis der Impfberechtigten erst rund eine Woche später
zunächst auf Kitakräfte und Mitte März auf Grundschullehrkräfte
ausgedehnt.

IMPFEN AN OSTERN - UND DANACH:

An Ostern nun soll trotz Feiertagen geimpft werden. «Wir haben die
kommunalen Impfzentren angewiesen und darum gebeten, auch über die
Feiertage weiter zu impfen», sagte etwa eine Sprecherin des
Gesundheitsministeriums in Hannover. Sachsen-Anhalt will ausdrücklich
weiterimpfen. In Baden-Württemberg sagte eine Sprecherin des
Sozialministeriums, auch über Ostern werde grundsätzlich geimpft - je
nach verfügbarem Impfstoff. Dass einzelne Zentren Termine auf die
anderen Wochentage verteilen und etwa an Ostern schließen, sei zwar
möglich, in dem Fall dann aber auf zu wenig Impfstoff zurückzuführen.

In Schleswig-Holsteins werden die Impftermine laut
Gesundheitsministerium ohne Pause vergeben. In Thüringen, Sachsen,
Sachsen-Anhalt und Berlin sollen die Impfzentren über Ostern
ebenfalls geöffnet haben. Auch Bremen will dies so halten.

In der Woche nach Ostern sollen nach einem Bund-Länder-Beschluss von
vergangener Woche auch die Hausärzte flächendeckend in die
Corona-Impfkampagne einsteigen, allerdings zunächst nur mit knapp
einer Million Dosen in der Woche, rund 20 Dosen für jede Praxis. Die
Lieferungen sollen nach Ostern dann aber Schritt für Schritt deutlich
ansteigen. Im April sollen laut Bundesgesundheitsministerium bis zu
15,3 Millionen Dosen Impfstoff geliefert werden - nur 4,5 Millionen
weniger als im gesamten ersten Quartal.