Pflegekräfte unter Druck - Hoher Krankenstand als Folge

Die Corona-Pandemie hat die Arbeit der Altenpfleger ins Licht der
Öffentlichkeit gerückt. Ihnen wurde applaudiert und es gab
Sonderprämien. Doch auch ohne Pandemie ist der Alltag der
Pflegekräfte hart. Und das hat Folgen.

Schwerin (dpa/mv) - Hohe körperliche Belastung, zeitlicher und
seelischer Druck hinterlassen bei Pflegekräften in der Altenpflege
massive gesundheitliche Spuren. Wie aus dem am Dienstag in Schwerin
vorgestellten Pflegereport der Barmer Ersatzkrankenkasse hervorgeht,
waren in den Jahren 2016 bis 2018 in Mecklenburg-Vorpommern im
Durchschnitt 9 Prozent der Hilfskräfte und 7,7 Prozent der Fachkräfte
krankgeschrieben. Der durchschnittliche Krankenstand über alle
Berufsgruppen lag demnach in diesem Zeitraum im Nordosten bei 6,2
Prozent, bundesweit bei 5,0. Dem Bericht zufolge fielen Pflegekräfte
in Pflegeheimen mit knapp 32 Tagen Krankschreibung im Jahr 44 Prozent
länger aus als Beschäftigte in anderen Zweigen.

«Die Arbeitssituation in der Pflege greift die Gesundheit der
Beschäftigten massiv an. Wenn sie ausfallen, werden Kolleginnen und
Kollegen zusätzlich belastet. Dieser Teufelskreis muss durchbrochen
werden», betonte Barmer-Landesgeschäftsführer Henning Kutzbach bei
der Vorstellung des Berichts in Schwerin. Besorgniserregend sei
zudem, dass Beschäftigte in der Pflege auch deutlich öfter wegen
gesundheitlicher Probleme früher in Rente gingen. So sei der Anteil
der Pflegehilfskräfte mit einer Erwerbsminderungsrente fast doppelt
so hoch wie in anderen Berufen.

Kutzbach mahnte mehr betriebliche Prävention an, um etwa Rückenleiden
zu mindern und Stress vorzubeugen. Gerade in der Corona-Krise habe
die psychische Belastung nochmals zugenommen, sagte Kutzbach unter
Hinweis auf Besuchsbeschränkungen für Angehörige und die oft
tödlichen Folgen der Infektion für Heimbewohner.

Mit planbaren Arbeitszeiten könne der Beruf familienfreundlicher
werden. Auch dafür sei der Einsatz ausreichender Fach- und
Hilfskräfte unverzichtbar.

Wie aus dem Pflege-Report der Barmer hervorgeht, ist die
Personalausstattung in den Pflegeheimen Mecklenburg-Vorpommerns
schlechter als in vielen anderen Bundesländern. Mit 20
Vollzeitstellen je 100 Heimbewohner liegt sie etwa 10 Prozent unter
Bundesdurchschnitt. Ähnlich sieht es in der ambulanten Pflege aus, in
der im Nordosten 9 Fachkräfte auf 100 Pflegebedürftige kommen.

Die Zahl der Pflegebedürftigen im Land hat sich nach Angaben des
Statistischen Amtes von 2005 bis 2019 auf nunmehr 103 000 verdoppelt.
Angesichts der demografischen Entwicklung sei mit einem weiteren
Anstieg zu rechnen, sagte Sozialministerin Stefanie Drese (SPD). Vor
allem in der ambulanten Pflege zeichne sich ein wachsender Bedarf an
Pflegekräften ab. Nach ihren Worten waren 2019 landesweit rund 27 000
Fach- und Hilfskräfte tätig.

Um weitere Fachkräfte gewinnen zu können, sei neben geregelten
Arbeitszeiten und Präventionsangeboten eine bessere Entlohnung nötig,
sagte Drese. Doch dürften Verbesserungen in der Pflege nicht weiter
allein den Pflegebedürftigen in Rechnung gestellt werden, die so oft
in Altersarmut gerieten. Drese forderte eine grundlegende Reform der
Pflegeversicherung durch den Bund. Die bisherigen Reformansätze seien
unzureichend und gingen zudem an den Bedürfnissen alter Menschen in
Mecklenburg-Vorpommern vorbei, kritisierte Drese.

Schon bei der Reform der Pfleger-Ausbildung habe die Politik zu spät
reagiert, konstatierte sie. Das lange Jahre geforderte Schulgeld habe
viele junge Leute davon abgehalten, einen Beruf in der Pflege zu
ergreifen. «Die Abschaffung war lange überfällig», sagte Drese. In

Mecklenburg-Vorpommern werde seit 2020 kein Schulgeld mehr erhoben.