Selber scannen, kontaktlos zahlen: Corona verändert den Einkauf Von Erich Reimann, dpa

Geldscheine und Münzen bleiben beim Einkauf immer häufiger in der
Tasche. Gezahlt wird lieber kontaktlos mit der Karte. Und auch beim
Scannen der Ware legen viele Verbraucher in der Pandemie lieber
selber Hand an, um die Warteschlangen an den Kassen zu vermeiden.

Düsseldorf (dpa) - Einkaufen in Corona-Zeiten, das ist auch immer ein
kleines bisschen Risiko. Viele Verbraucher versuchen deshalb die
Infektionsgefahr beim Shoppen so gering wie möglich zu halten: Oft
indem sie bargeldlos zahlen und manchmal auch, indem sie die Waren
aus dem Einkaufskorb selber scannen statt an der Kasse in der
Schlange zu stehen. Die Corona-Krise ist dabei, das Einkaufen
nachhaltig zu verändern.

Nach einer Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI wurden
2020 eine Milliarde Einkäufe weniger mit Bargeld bezahlt als im
Vorjahr. Insgesamt gingen damit 28 Milliarden Euro Bargeld weniger
über die Ladentheken als 2019. Das Jahr 2020 werde «als das
wachstumsstärkste Jahr für unbares Bezahlen in Deutschland» seit
Beginn der Erhebungen durch das EHI vor gut 25 Jahren in die
Aufzeichnungen eingehen, berichtete EHI-Experte Horst Rüter.

Und der Wandel findet überall statt - in den Supermärkten, aber auch
bei den Discountern. Der Discounter Aldi-Süd berichtete bei einer
Umfrage der Deutschen Presse-Agentur: «Im Januar wurden über 40
Prozent der Zahlungen mit Karte getätigt. Etwa 60 Prozent davon
erfolgten kontaktlos.» Auch Aldi Nord meldete, das Zahlen mit der
EC-Karte oder dem Handy werde immer beliebter. «Für viele unserer
Kunden ist das bargeldlose Bezahlen komfortabel und hygienisch.»
Teilweise werde mittlerweile knapp jeder zweite Einkauf bargeldlos
bezahlt. Edeka und Rewe berichteten ebenfalls, das bargeldlose Zahlen
habe durch die Corona-Pandemie einen weiteren Schub bekommen.

Krisengewinner ist vor allem die Girocard. Die Umsätze mit der
Girocard an den Einzelhandelskassen übertrafen 2020 erstmals die
Barzahlungen, wie das EHI berichtete. Doch auch Kreditkarten werden
beim Einkaufen öfter gezückt. Eine untergeordnete Rolle spielt
aktuell noch das Zahlen mit dem Smartphone. Wenig spricht dafür, dass
nach der Pandemie eine Rückbesinnung auf das Bargeld erfolgt. Bei
einer Umfrage der Beratungsgesellschaft EY unter 1600 Verbrauchern in
Deutschland gab gut jeder fünfte Befragte an, sein Zahlungsverhalten
während der Pandemie geändert zu haben und dies auch künftig
beibehalten zu wollen.

Doch ist das Bezahlen ja nur ein Teil des Einkaufs. Vorher muss die
Ware noch ausgesucht und gescannt werden. Und auch beim Scannen geht
der Trend zunehmend zum Do-it-yourself-Prinzip, weil viele
Verbraucher dies in der Pandemiezeit für hygienischer halten. «Im
Lebensmittelhandel boomt das Thema und auch bei Drogerien nimmt es
stetig weiter zu», beobachtet EHI-Handelsexperte Frank Horst.

Lange Zeit setzte der Handel dabei in erster Linie auf
Selbstbedienungskassen am Ausgang, wo der Einkauf vom Verbraucher -
wie an der normalen Kasse - Stück für Stück aus dem Einkaufswagen
genommen und gescannt werden musste. Doch mittlerweile gewinnt eine
andere Lösung zunehmend an Bedeutung: Apps, die es dem Kunden
erlauben, die Einkäufe mit dem eigenen Handy zu scannen, wenn er sie
in den Einkaufswagen legt. Am Ausgang muss der Kunden dann nur noch
den «Jetzt zahlen»-Button auf dem Handy-Screen drücken und den dann
erscheinenden QR-Code an einem Terminal am Ausgang einscannen. Oder
er kann die Bezahlung sogar komplett über das Smartphone abwickeln.

Zu den Vorreitern dieser Lösung gehören die Supermarktkette Rewe und
ihre Discounttochter Penny. Bereits im vergangenen Sommer startete
die Rewe-Gruppe Testläufe mit einer Scan&Go-App in mehr als 100
Penny-Filialen und 50 Rewe-Märkten.

«Für den Kunden ist es leichter, das eigene Handy zu nutzen. Er muss
sich nicht an ein neues Gerät gewöhnen», beschrieb damals der
Penny-Projektleiter Lukas Fischer in einem der Testmärkte in Erkrath
bei Düsseldorf den Vorteil des Systems gegenüber anderen Lösungen,
bei denen der Kunde etwa die Ware erst an der Kasse selber scannt.

Mittlerweile ist Rewe dabei, das Angebot weiter auszurollen. Die
Resonanz der Nutzer übertreffe die Erwartungen, heißt es bei Rewe.
Dabei werde Scan&Go besonders häufig von Stammkunden genutzt, nicht
primär von jungen, technikversierten Menschen, wie ursprünglich
erwartet worden sei. Noch im Frühjahr sollen die Kunden deshalb
bereits in 100 Rewe-Märkten ihre Einkäufe mit dem Handy selber
scannen können.

Auch Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka hat mittlerweile

eine Scan&Go-Funktion in die Edeka-App integriert. Die Erfahrungen
bislang seien «durchweg positiv», berichtete der Händler. Noch kann
das Angebot allerdings nur in wenigen Märkten genutzt werden. Doch
kündigte der Händler an, dass weitere Läden schon bald folgen
dürften: «Die Scan&Go-Funktion wird nach dem erfolgreichen Test
Schritt für Schritt von weiteren interessierten selbstständigen
Edeka-Kaufleuten genutzt und für die Kundinnen und Kunden ihrer
Märkte aktiviert.» Die Edeka-Discount-Tochter Netto testet in
einzelnen Filialen auch das Bezahlen direkt mit dem Smartphone, so
dass der Gang zur Kasse komplett entfällt.

Die Discounter Aldi und Lidl sind bislang beim Thema Self-Scanning
zurückhaltender. Doch das muss nicht das letzte Wort sein. «Wir sind
immer an innovativen Technologien interessiert, die dazu beitragen,
unseren Kunden den Einkauf noch angenehmer zu machen», hieß es bei
Lidl. Und Aldi Nord räumte sogar ein: «Die Einfachheit und
Schnelligkeit dieser Technologie macht das Thema
Selbstbedienungskassen grundsätzlich spannend für uns.»

Aber laden Selbstbedienungskassen nicht geradezu zum Ladendiebstahl
ein? Nicht unbedingt, wie eine Umfrage des EHI im Einzelhandel zeigt.
«An den Self-Checkout-Stationen oder beim mobilen Self-Scanning
beobachten die allermeisten Handelsunternehmen keine erhöhten
Diebstähle», berichtete der EHI-Experte Frank Horst.