Sport und Kultur setzen auf Zuschauer - «Politik einen Weg aufzeigen»

Corona und Lockdown lassen keine Besucher in Theater und Stadien. Ein
Konzept von Kultur und Sport soll das auch in Zeiten der Pandemie
ändern. Die Hoffnungen sind groß.

Berlin (dpa) - Wieder mehr Zuschauer bis hin zu Vollbesetzung
erhoffen sich Wissenschaft, Sport und Kultur durch ein am Montag
präsentiertes modulares Konzept. «Wir wollen der Politik einen Weg
aufzeigen, wie es zurück gehen könnte», sagte der Berliner
Gesundheitsökonom Florian Kainzinger zu dem von gut 40 Sport- und
Kultureinrichtungen getragenen Konzept, an dem 20 Wissenschaftler
verschiedener Fachrichtungen mitgewirkt haben. Nutzen soll es allen:
Das Konzept eigne sich vom kleinen Stadttheater bis zum Berliner
Olympiastadion.

Einen konkreten Zeitpunkt wollten die Beteiligten nicht nennen. Es
gehe um eine Zusammenschau von verschiedenen Kriterien, «zentrale
Frage ist die Belastung des Gesundheitswesens», sagte Kainzinger.
«Wir können nicht alles absperren, bis die letzte Person geimpft
ist.» Aus Sicht von Georg-Christian Zinn, Facharzt für Hygiene und
Umweltmedizin in Ingelheim, soll das Konzept «möglichst vielen
Zuschauern die Möglichkeit geben, an den Veranstaltungen
teilzunehmen». Als Vertreter der Theater sagte Klaus Dörr, Intendant
der Volksbühne Berlin: «Wir können jeden Tag starten.»

Der Leitfaden sieht zunächst ein Basiskonzept zur Rückkehr von
Zuschauern vor. Bei geschlossenen Räumen wie Konzerthäusern,
Theatern, Opern, Hallen oder Arenen soll jeweils ein Hygiene-,
Lüftungs- und Infektionsschutzkonzept notwendig sein. Zudem werden
Konzepte zum Ein- und Auslass sowie für An- und Abreise verlangt.
Damit werde eine Besetzung zwischen 25 und 30 Prozent möglich. Im
Außenbereich wird bei vergleichbaren Standards eine Auslastung von
bis zu 40 Prozent als möglich betrachtet.

Für mehr Auslastung dienen Spezialkonzepte, wobei ein Hygienekonzept
mit hohen Standards «Wildwuchs» verhindern soll. Ein Maximalmodell
erfordert etwa digitales Kontaktmanagement und Antigen-Tests vor
jeder Veranstaltung. Mit solchen Maßnahmen ist laut Konzept eine
«Vollauslastung von Opern, Konzerten und Sportereignissen» möglich.

Zu den Unterstützern zählen Expertinnen und Experten etwa aus den
Bereichen Infektiologie und Virologie, Raumlufttechnik,
Gesundheitsökonomie sowie Sport-, Kultur- und Rechtswissenschaften.
Mitgezeichnet haben Deutscher Fußball-Bund, Handballbund,
Volleyball-Verband, Basketball Bund mit ihren jeweiligen
Liga-Verbänden ebenso wie der Bühnenverein mit zahlreichen
Einzeltheatern. Aus dem Veranstaltungsbereich sind einige Hallen und
Arenen dabei.

«Einen Mutmacher können momentan alle gut gebrauchen. Keiner hat mehr
Lust auf den Lockdown», sagte Frank Bohmann, Geschäftsführer der
Handball-Bundesliga, der dpa am Montag. «Wir wissen um die Brisanz
einer Öffnung, halten sie aber für verantwortbar.» Gernot Tripcke,
Chef der Deutschen Eishockey-Liga, sagte: «Das Virus wird uns noch
auf Monate, Jahre, vielleicht sogar für immer begleiten. Umso
wichtiger ist es, dass wir zukunftsgerichtete Konzepte zur Lösung
entwerfen.»

Aus der Politik kamen erste positive Reaktionen. Von einem «richtigen
Weg» sprach Berlins Kultursenator Klaus Lederer. «Die Initiative ist
nicht hoch genug einzuschätzen», sagte der Linke-Politiker der dpa.
«Es braucht eine Perspektive, die uns Hoffnung und Ansporn gibt,
damit wir wegkommen von den Durchhalteappellen ohne Aussichten auf
Verbesserungen», sagte Lederer, der derzeit auch die
Kulturministerkonferenz der Länder leitet. Dies müsse allerdings im
vollen Wissen um die Gefahren des Virus und entsprechend
realistischer Einschätzung geschehen.

Auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sieht Möglichkeiten für
pandemiegerechte Kultur- und Sportveranstaltungen. «Mit kreativen
Ideen, Teststrecken und hygienegerechten Konzepten können wir
hoffentlich bald wieder Kultur genießen, in großen und in kleinen
Spielstätten, denn das fehlt uns allen sehr.»