Seehofer will nicht über Dauer der Grenzkontrollen spekulieren

Fünf Tage nach Einführung von Grenzkontrollen im Süden und Südosten

Deutschlands hat sich die Lage weitgehend eingespielt. Wie lange die
Maßnahmen noch dauern, steht angesichts hoher Corona-Infektionszahlen
bei den Nachbarn in den Sternen.

Breitenau (dpa/sn) - Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will
sich nicht auf die Dauer der Kontrollen bei der Einreise aus
Tschechien und Tirol festlegen. Das könne man derzeit beim besten
Willen noch nicht sagen, sagte er am Donnerstag bei einem Besuch an
der deutsch-tschechischen Grenze an der Autobahn A17 im sächsischen
Breitenau.

«Ich glaube, die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass wir
verlängern müssen, weil sich die Mutationslage noch nicht
entscheidend verändert hat.» Ob das über den 23. Februar oder den
3. März hinausgehe, ist laut Seehofer noch unklar. Anfang kommender
Woche wolle man das in der Bundesregierung und mit Bayern und Sachsen
beraten.

Zugleich äußerte sich der Minister kritisch zur Europäischen
Kommission: «Dass man sich in dieser Situation nicht hinreichend
beschäftigt, mit welchen Maßnahmen wir jenseits der Impfung das
Ausbreiten eines gefährlichen Virus in Europa eindämmen können, das
hat mich enttäuscht.»

In seinen früheren Funktionen als Gesundheitsminister und
Landwirtschaftsminister habe er sich mit Problemen wie der
Rinderseuche BSE, der Vogelgrippe oder Schweinepest befassen müssen.
Zum Einmaleins der Infektionsbekämpfung gehörten zwei Dinge: «Wo ist

die Quelle? Und zweitens: Wie kann man die Infektionskette
unterbrechen?» Der Impfstoff sei wichtig - genauso wichtig sei aber,
die Ausbreitung des Virus' zu unterbinden, betonte Seehofer.

Er nahm sich in Begleitung des sächsischen Innenministers Roland
Wöller (CDU) gut eine Stunde Zeit, um sich im Gespräch mit
Bundespolizisten und sächsischen Landespolizisten über die Lage an
der A17 zu informieren. Dort rollte am Donnerstag zumindest der
Lkw-Verkehr reibungslos.

Auf der Fahrspur für Autos und Transporter gab es nach Angaben der
Bundespolizei einen Stau von etwa einem Kilometer Länge. Seehofer
lobte die Beamten, die «professionell» und «mit Fingerspitzengefühl
»
kontrollierten. Nachholbedarf sah er noch bei jenen Kraftfahrern, die
unvorbereitet ohne die erforderlichen Dokumente an der Grenze
erschienen.

Bis Donnerstagfrüh seien an den Grenzen zu Tschechien und Tirol
insgesamt rund 50 000 Kontrollen vorgenommen worden, bilanzierte
Seehofer. In 10 000 Fällen haben man Reisende zurückweisen müssen.
Dabei müsste jedes Unternehmen eigentlich wissen, dass ein
Corona-Test für die Einreise erforderlich ist. «Wir müssen an der
Regelkunde noch schwer arbeiten.»

Der CSU-Politiker verteidigte noch einmal die Grenzkontrollen. Ihr
einziger Grund sei, die Bevölkerung vor einem hochinfektiösen und
potenziell tödlichen Virus zu schützen. Vergleichbare Maßnahmen gebe

es gegenüber allen Ländern der Erde, in denen das Virus mutiert sei.
Auch Tschechien habe ein Interesse an den Kontrollen und bekomme
durch eine höhere Dichte an Tests Informationen zum
Infektionsgeschehen.

Seehofer äußerte sich auch zur Kritik von Wirtschaftsverbänden an den

Grenzkontrollen. Namentlich nannte er den Verband der deutschen
Automobilindustrie, dessen «Tonlage» und «Drohungslage» er scharf
zurückweisen müsse. Nach den Äußerungen des Verbandes hätte
eigentlich am Montag die Automobilbetriebe schließen müssen. Er habe
aber Verständnis dafür, wenn sich Unternehmer mehr Zeit für die
Vorbereitung auf die Grenzkontrollen gewünscht hätten.