Kassenärzte Essen: Ärzte wollten Verwandte in Impf-Programm schleusen

Essen (dpa/lnw) - Niedergelassene Ärzte in Essen haben laut der
örtlichen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) versucht, widerrechtlich
Familienmitglieder mit in das Impf-Programm für ihre Praxen zu
bekommen. Das geht aus einer E-Mail des Vorsitzenden der Kreisstelle
Essen der KV Nordrhein, Ralph-Detlef Köhn, hervor, aus der am
Donnerstag die «Westdeutsche Allgemeine» (WAZ) zitierte.

Wie die Zeitung berichtete, organisiert Köhn derzeit die
Corona-Schutzimpfung für die rund 1300 niedergelassenen Ärzte in
Essen sowie deren Angestellte. Die Unregelmäßigkeiten seien dem in
Essen praktizierenden Internisten bei der Sichtung der
Anmeldungslisten aufgefallen. Köhn bestätigte der dpa die Angaben der
Zeitung.

Mit einer Mischung aus Ironie und Ernsthaftigkeit schrieb Köhn in der
Mail laut WAZ: «Wir haben mit großer Freude feststellen können, wie
viele Ehepartner, Schwiegereltern, ganze Familien offenbar in Euren
Praxen beschäftigt sind.» Und weiter: «Es ist nicht meine Aufgabe,
das zu kontrollieren, aber Ihr solltet berücksichtigen, dass diese
Liste an die KV, die Stadt, das Impfzentrum etc. geht und auch von
vielen Kollegen eingesehen wird.»

Der Zeitung sagte Köhn: «Sie haben in jeder gesellschaftlichen
Gruppe, also auch unter Ärzten, einige, die sich nicht an die Regeln
halten.» Gleichwohl enttäusche ihn der Versuch, Familienangehörige
bevorzugt in das Impfprogramm zu bekommen, indem man sie als
Praxis-Angehörige ausgebe. «Ich hätte eigentlich erwartet, dass so
etwas unter Ärzten gar nicht vorkommt.» In «vielleicht zehn» Fäll
en
habe er dann schließlich eingegriffen, sagte Köhn der «WAZ». «Wir

haben die entsprechenden Personen dann diktatorisch aus der Liste der
Impflinge gestrichen.» Zu den 1300 niedergelassenen Ärzten kommen
nach Schätzungen von Köhn noch rund 4800 Praxis-Angehörige, die sich

in diesen Tagen impfen lassen können.

Nach Angaben der KVNO-Zentrale koordinieren die Kommunen die
Impfungen der niedergelassenen Ärzte und des Praxispersonals. Die KV
stellten dafür den Kommunen Verzeichnisse zur Verfügung, sagte ein
Sprecher in Düsseldorf. Die Impfungen würden dann in den Impfzentren
vorgenommen. Geimpft werde der Impfstoff des Herstellers Astrazeneca.