G7 sucht Neuanfang: Mehr Impfstoff-Hilfe für arme Länder gefordert

Erstmals nimmt der neue US-Präsident Biden an Beratungen der sieben
großen Wirtschaftsnationen teil. Es geht um einen Neuanfang im Kampf
gegen die Pandemie. Wird Entwicklungsländern besser geholfen werden?

Berlin/New York (dpa) - Vor dem Online-Treffen der Gruppe der sieben
großen Wirtschaftsmächte (G7) haben Entwicklungsorganisationen einen
globalen Impfplan und stärkeres Engagement im Kampf gegen das
Coronavirus gefordert. Ärmeren Ländern müsse mehr geholfen werden.
Von der am Freitag tagenden G7-Runde, an der erstmals auch der neue
US-Präsident Joe Biden teilnimmt, werden auch Finanzzusagen für den
Kampf gegen die Pandemie und die Verteilung von Impfstoffen erwartet.

Die Bundesregierung stellt in diesem Jahr 1,5 Milliarden Euro für die
Kampagne der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und anderer Akteure
mit dem ACT-Accelerator (Access to Covid-19 Tools Accelerator) zur
Verfügung. Ein wichtiger Teil ist die Covax-Initiative, in der die
Entwicklung und Verteilung von Impfstoffen gebündelt werden, um allen
Ländern einen gerechten Zugang zu ermöglichen.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sollen von dem Geld
allein 900 Millionen Euro für Covax bereitgestellt werden, um
Impfstoffe kaufen und ausliefern zu können. Davon sind 800 Millionen
Euro für die Arbeit in Entwicklungsländern sowie weitere 100
Millionen speziell für humanitäre Zwecke vorgesehen, um
hilfsbedürftige Menschen in Krisen zu unterstützen.

Das Kinderhilfswerk World Vision begrüßte am Donnerstag die
erwarteten Zusagen, pocht aber auch auf mehr politisches Engagement.
«Geld allein ist nur Teil der Lösung», meinte Fiona Uellendahl von
der Organisation. Der Zugang zu Impfstoffen und Medikamenten müsse
erleichtert werden. Auch müssten ärmere Länder dazu befähigt werden
,
möglichst rasch selbst Produktionskapazitäten aufzubauen.

«Wer nicht über den eigenen Tellerrand hinaus die weltweite
pandemische Herausforderung angeht, also auch in den ärmsten Ländern,
der wird später mit rückkehrenden Mutationen zu kämpfen haben», sag
te
Uellendahl. Die Organisation One kritisierte, reiche Nationen würden
sich Zugang zu viel mehr Impfstoffen sichern als sie brauchen. So
werde ärmeren Ländern der Zugang erschwert.

Von den G7-Staaten forderte One «sorgfältige Planung», um die globale

Verteilung von Impfstoffen zu verbessern. Die Weitergabe müsse
beginnen, bevor potenzielle Geberländer anfingen, überschüssige
Impfdosen anzusammeln. «Solange das Virus irgendwo auf dem Planeten
unkontrolliert bleibt, wird es weiter mutieren, Grenzen überschreiten
und in der Gesellschaft und der Weltwirtschaft verheerenden Schaden
anrichten», heißt es in einer One-Analyse.

Zehn Länder haben mittlerweile nach UN-Angaben 75 Prozent aller
Impfdosen verabreicht - 130 Nationen aber noch kein einziges Mittel.
Vor dem Weltsicherheitsrat forderte UN-Generalsekretär António
Guterres am Mittwoch eine globale Impfstrategie und eine
«Notfall-Taskforce». «Wenn sich das Virus wie ein Lauffeuer im
globalen Süden ausbreiten darf, mutiert es immer wieder», warnte
Guterres. «Neue Varianten könnten übertragbarer und tödlicher werde
n
und möglicherweise die Wirksamkeit aktueller Impfstoffe und
Diagnostika gefährden.»

Das G7-Videogespräch wird erstmals unter dem Vorsitz des britischen
Premierministers Boris Johnson stattfinden, da Großbritannien die
G7-Präsidentschaft innehat. Nach dem Ende der Präsidentschaft von
Donald Trump in den USA, der die Wertegemeinschaft der großen
Wirtschaftsnationen mit seiner «Amerika zuerst»-Politik torpediert
hatte, hoffen die Staats- und Regierungschefs auf eine Neuordnung der
Weltpolitik und bessere Kooperation mit dem neuen US-Präsidenten
Biden. Zu den G7-Staaten gehören außer Deutschland, den USA und
Großbritannien auch Frankreich, Italien, Kanada und Japan.