Hunderte verpasste Impftermine - Debatte um Astrazeneca-Impfstoff

Düsseldorf (dpa) - Hunderte geplante Impftermine mit dem Produkt von
Astrazeneca sind in Nordrhein-Westfalen nicht wahrgenommen worden.
Allein im Landesteil Nordrhein sind laut NRW-Gesundheitsministerium
im Zeitraum seit dem Impfstart am 10. Februar bis zum 15. Februar
rund 600 Termine nicht angenommen beziehungsweise versäumt worden.

Das Zahl ergebe sich aus der Differenz von 18 103 geplanten und den
17 487 dann erfolgten Impfungen im Bereich der Kassenärztlichen
Vereinigung Nordrhein. Das entspreche einem Anteil von etwa 3,4
Prozent, teilte eine Ministeriumssprecherin am Mittwochabend nach
einer Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Auch der «Kölner
Stadt-Anzeiger» (Donnerstag) berichtet darüber, dass rund 600
Menschen einen Impftermin in diesem Zeitraum versäumt haben.

«Das zeigt: Es gibt offenbar nur sehr wenige, die nicht zu ihrem
Impftermin mit Astrazeneca erscheinen», erklärte die Sprecherin des
Ministeriums zu der Quote von 3,4 Prozent ausgefallener Termine.
Einzelne Hinweise, dass die Impfbereitschaft mit Blick auf
Astrazeneca tendenziell verhalten sei, scheinten sich nicht zu
bestätigen. Nichtsdestotrotz werde das NRW-Gesundheitsministerium
auch weiterhin für die Akzeptanz der zugelassenen Impfstoffe werben.

«Denn: Der zugelassene Impfstoff von Astrazeneca ist kein Impfstoff
zweiter Klasse. Der Impfstoff zeigt eine gute Wirksamkeit und eine
gute Verträglichkeit, um schwere Erkrankungen mit Sars-CoV 2 zu
verhindern», bekräftigte die Sprecherin. Wie viele Prozent der in
priorisierten Berufsgruppen Tätigen unter 65 Jahre das Impfangeobt
annehmen wird, könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesagt werden.

Zuvor war auch von der kommunalen Seite von geplatzten Impfterminen
die Rede. «Ja, bei uns wurden Termine abgesagt, Leute sind nicht
gekommen», sagte etwa eine Sprecherin des Kreises Paderborn. Grund
sei offensichtlich Skepsis wegen des Impfstoffes. Absagen gab es laut
«Siegener Zeitung» etwa im Impfzentrum Siegen-Wittgenstein, wo
Menschen über Impfreaktionen wie Abgeschlagenheit, Fieber oder
Gliederschmerzen geklagt hätten. Die «Westfälischen Nachrichten»
berichteten, dass in Münster etwa 30 Prozent der für die Impfung
vorgesehenen Rettungsdienst-Mitarbeiter und ambulanten Pfleger ihre
Termine in der vergangenen Woche nicht wahrgenommen hätten.

Das NRW-Gesundheitsministerium empfiehlt wegen möglicher
Personalausfälle, die Mitarbeiter der Rettungsdienste in kleinen
Gruppen nach und nach gegen Corona zu impfen. In Dortmund hatten sich
nach der Impfung von Feuerwehrleuten am vergangenen Donnerstag rund
25 Prozent krank gemeldet, hatte eine Sprecherin der Stadt erklärt.
Gerade die im Schichtdienst tätigen und schwerer körperlichen
Belastung im Einsatz ausgesetzten Feuerwehrleute müssten topfit sein.

Laut einer Mitteilung des Robert Koch-Instituts wurden bis Dienstag
(16.2.) erst gut 34 000 Impfdosen des Herstellers Astrazeneca in NRW
verimpft. Laut dem NRW-Ministerium hatte der Bund dagegen bisher gut
158 000 Astrazeneca-Impfdosen geliefert (Stand Dienstag), von denen
gut 55 000 bereits an die Impfzentren ausgeliefert worden seien.

Astrazeneca hat eine geringere Wirksamkeit als die Mittel von
Biontech/Pfizer und Moderna - bezogen darauf, wie viele Geimpfte in
Studien im Vergleich zu Nicht-Geimpften erkranken. Deshalb sprach
sich Weltärztebund-Chef Frank Ulrich Montgomery in der «Rheinischen
Post» (Mittwoch) gegen eine Astrazeneca-Impfung bei medizinischem
Personal aus - die Probleme ließen sich nicht «wegdiskutieren».

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch,
verteidigte dagegen den Astrazeneca-Impfstoff: «Alle Impfstoffe haben
ein reguläres Zulassungsverfahren durchlaufen und sind hochwirksam.
Wie bei jedem anderen Serum können Reaktionen auftreten», sagte
Brysch der «Rheinischen Post» (Mittwoch). Man müsse aufpassen, dass
man sich nicht «in etwas hineinrede» und eine Impfung mit einem
zugelassenen und wirksamen Stoff infragestelle, warnte
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch in Berlin.