Lockdown-Folge: weniger Ozon über Nordhalbkugel

Offenbach/Bremen (dpa) - Zumindest für die Erdatmosphäre haben
coronabedingte Lockdowns positive Folgen: Das Ozon in der freien
Troposphäre bis etwa zehn Kilometer Höhe ist auf der Nordhalbkugel im
Frühjahr und Sommer des vergangenen Jahres um durchschnittlich sieben
Prozent zurückgegangen. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die unter
Federführung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) veröffentlicht wurde
und an der auch Wissenschaftler der Universität Bremen mitgewirkt
haben. Insgesamt wurden dazu die Daten von 45 Messstationen weltweit
ausgewertet. Eine davon steht in Bremen und wird vom Institut für
Umweltphysik (IUP) betrieben.

Daten wurden unter anderem zur Wechselwirkung von Stickoxid und Ozon
gesammelt - in der freien Troposphäre führt weniger Stickoxid auch zu
weniger Ozon. Da Verkehr eine Hauptquelle von Stickoxid in der
Atmosphäre ist, hat der Rückgang von Flugverkehr und Mobilität auf
der Straße dafür gesorgt, dass die weltweiten Stickoxid-Emissionen
durch Landverkehr um rund 14 Prozent, beim Flugverkehr sogar um 40
Prozent zurück gingen, hieß es.

Allerdings wurde in Ballungsgebieten mit stark verschmutzter Luft
weltweit eine Zunahme bodennaher Ozonwerte infolge der Lockdowns
registriert. Denn in verschmutzter Luft, nahe an den
Emissionsquellen, zerstört Stickoxid Ozon, wie es hieß. Die
Reduzierung von Stickoxid-Emissionen führe dann zu mehr Ozon.

Der Ozon-Rückgang in der freien Troposphäre sei bemerkenswert groß
und großräumig, sagte Wolfgang Steinbrecht, Leiter des Regionalen
Ozonzentrums am Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg des
DWD. Am Hohenpeißenberg sei zuletzt im Jahr 1976 so wenig Ozon in der
freien Troposphäre im Sommer gemessen worden wie 2020 nach den
Lockdowns. «Der ungeplante weltweite "Corona-Großversuch' zeigt
deutlich, wie komplex die Atmosphäre auf Emissionsminderungen
reagieren kann», sagte Steinbrecht. «Er zeigt aber auch, was mit
international abgestimmten Maßnahmen für die weltweite Luftqualität
erreichen werden könnte.»

Ozon ist ein wichtiges Spurengas in der Erdatmosphäre. Rund 90
Prozent des Ozons befindet sich in der stratosphärischen Ozonschicht
zwischen 10 und 50 km Höhe. Diese Ozonschicht schützt als natürliche

«Sonnenbrille» das Leben auf der Erdoberfläche, indem sie harte und
gefährliche UV-Strahlung von der Sonne fast völlig blockiert.
Ausreichend Ozon in der Stratosphäre ist grundlegend wichtig für das
Leben auf der Erde.

Rund zehn Prozent des Ozons befinden sich in der Troposphäre in einer
Höhe bis zehn Kilometer. Hier wirkt Ozon als Treibhausgas. Bei
höheren Konzentrationen kann es zudem zu Reizung und Schädigung der
Atemwege von Menschen und Tieren führen, bei Pflanzen zu Schädigungen
und Ernteausfällen.