Müller zu Corona-Inzidenz: «Grenzwert von 35 nicht erfunden»

Berlin (dpa/bb) - Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller
(SPD) hat sich gegen vorschnelle Öffnungsschritte in der
Corona-Pandemie gewandt. Gleichzeitig verteidigte er den dabei
wichtigen Grenzwert von 35 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner binnen
einer Woche. «Zunächst einmal ist der Grenzwert von 35 nicht
erfunden», sagte Müller, der auch Vorsitzender der
Ministerpräsidentenkonferenz ist, der «Rheinischen Post» (Mittwoch).

Schon seit November sei er im Infektionsschutzgesetz festgeschrieben
als ein Wert, an dem breit angelegte Schutzmaßnahmen ergriffen werden
müssten.

«Nun kommt eine verschärfte Situation hinzu, nämlich eine deutlich
ansteckendere Mutante, die uns alle sehr besorgt», so Müller. «Wir
müssen hier also sehr besonnen und vorsichtig mit Öffnungsschritten
sein, wenn wir in keine dritte Welle rutschen wollen.» Dazu habe es
ein breites Einvernehmen in der Ministerpräsidentenkonferenz gegeben.
«Gleichwohl habe auch ich stets deutlich gemacht, dass wir
Lockerungen und Verschärfungen nicht von einem einzigen Wert abhängig
machen können», sagte Müller. «Für mich ist auch die Auslastung d
er
Intensivmedizin hier von großer Bedeutung.»

Müller bezog sich damit auf Äußerungen des NRW-Ministerpräsidenten

und neuen CDU-Bundesvorsitzenden Armin Laschet, der sich am Montag
gegen zu viel Bevormundung der Bürger im Kampf gegen Corona
ausgesprochen hatte. Laschet warnte überdies vor einem zu einseitigen
Fokus auf die Infektionszahlen. «Man kann nicht immer neue Grenzwerte
erfinden, um zu verhindern, dass Leben wieder stattfindet», sagte
Laschet. «Wir können unser ganzes Leben nicht nur an Inzidenzwerten
abmessen.» Man müsse all die anderen Schäden, etwa für Gesellschaft

und Wirtschaft, genauso im Blick haben wie die Inzidenzzahlen.