Grenzkontrollen führen zu Unmut in der EU - Sorge um Osterurlaub

Die deutschen Grenzen sind seit Sonntag teilweise geschlossen. Die
Folge: Kilometerlange Staus, Kritik aus der EU und tausende
verweigerte Einreisen. Die Bundesregierung verteidigt ihr Vorgehen -
und drückt beim Osterurlaub auf die Bremse.

Berlin (dpa) - Die deutschen Grenzkontrollen und Einreiseverbote
haben zum Wochenstart für kilometerlange Staus und Kritik von vielen
Seiten gesorgt. Die EU-Kommission bekräftigte am Montag ihr
Missfallen mit dem deutschen Vorgehen und warnte vor Fragmentierung
und Störung der Freizügigkeit. Zuvor hatte es auch von politischen
Vertretern der Nachbarländer sowie aus der Wirtschaft mahnende Worte
gegeben.

Die Bundesregierung hingegen verteidigte ihre Linie. Mit Blick auf
die Ausbreitung der Virusvarianten in einigen Regionen und Staaten
Europas «musste die Bundesregierung hier handeln», sagte
Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Eine Rückkehr
zum Normalzustand der offenen Grenzen sei dennoch im Interesse aller
Beteiligten.

An den Grenzen Deutschlands zu Tschechien und zum österreichischen
Bundesland Tirol gelten seit Sonntag schärfere Einreiseregeln. Aus
Angst vor den dort verbreiteten ansteckenderen Varianten des
Coronavirus wird an den Grenzübergängen streng kontrolliert.

An den tschechischen Grenzen zu Deutschland bildeten sich in der
Folge am Montagmorgen kilometerlange Staus. Allein auf der Autobahn
E55/D8 Prag-Dresden stauten sich die Lastwagen nach Polizeiangaben 25
Kilometer zurück. Zwischen Bayern und Österreich hingegen sorgten die
Kontrollen für keine größeren Behinderungen. Aus Österreich kommen

deutlich weniger Pendler nach Bayern als aus Tschechien, zudem ist
dort nur Tirol betroffen.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums wurden bis zum Montagmorgen
rund 10 000 Menschen an den Grenzen zu Österreich und Tschechien
kontrolliert. Etwa der Hälfte davon wurde die Einreise verweigert,
wie Ministeriumssprecher Steve Alter mitteilte.

Aus Österreich kam Kritik an dem deutschen Vorgehen. So wurde etwa
der deutsche Botschafter in Wien, Ralf Beste, am Sonntagabend bei
einem Gespräch im Außenministerium auf die aus österreichischer Sicht

Unverhältnismäßigkeit der deutschen Schritte hingewiesen. Auch in
Frankreich wächst die Sorge vor möglichen «bösen Überraschungen
» an
der gemeinsamen Grenze, wie es der französische Europa-Staatssekretär
Clément Beaune ausdrückte. Er drängte auf eine enge Abstimmung.

Derzeit dürfen aus den betroffenen Gebieten nur noch Deutsche sowie
Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland
einreisen. Ausnahmen gab es zunächst für medizinisches Personal,
Lastwagenfahrer und landwirtschaftliche Saisonkräfte. Die
verschärften Einreiseregeln sind laut Innenministerium zunächst auf
zehn Tage befristet.

Neben dem Pendelverkehr gerät mit Blick auf den Osterurlaub auch der
Urlaubsverkehr wieder verstärkt in den Fokus. Die Bundesregierung
will die Entwicklungen der kommenden Wochen abwarten. Dann sei zu
bewerten, welche Lockerungen zu welchem Zeitpunkt möglich seien,
sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.

Auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hält den Beginn der Diskussion für
sehr früh, wie er der «Welt» sagte. «Ich glaube, es ist wichtig, da
ss
wir alle ein wenig abwarten, wie sich die Dinge entwickeln, und
deshalb macht es keinen Sinn, zum jetzigen Zeitpunkt in die eine oder
andere Richtung eine feste Aussage zu treffen.»

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther zeigte sich am
Montag optimistisch. «Bei uns in Deutschland sehe ich sehr wohl die
Möglichkeit, dass wir Inlandstourismus bis zu diesem Zeitpunkt
möglich machen», sagte er in Kiel. Tags zuvor hatte Sachsens
Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) die Hoffnung auf einen
Osterurlaub gedämpft. Der «Bild am Sonntag» sagte er: «Ich bin daf
ür,
Wahrheiten auszusprechen: Osterurlaub in Deutschland kann es dieses
Jahr leider nicht geben».