Grenzkontrollen in Deutschland: Unmut und langer Stau

Deutschland verschärft aus Angst vor einer weiteren Verbreitung der
ansteckenderen Varianten des Coronavirus die Grenzkontrollen.
Politische Vertreter pochen auf gemeinsame Absprachen. An der Grenze
staut sich der Verkehr und Deutschland verteidigt seine Strategie.

Berlin/Paris/Prag/Wien (dpa) - Nach der Kritik an den verschärften
Grenzkontrollen in Teilen Deutschlands hat die Bundesregierung ihr
Vorgehen verteidigt. Mit Blick auf die Ausbreitung der Virusvarianten
in einigen Regionen und Staaten Europas «musste die Bundesregierung
hier handeln», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in
Berlin. Eine Rückkehr zum Normalzustand der offenen Grenzen sei
dennoch im Interesse aller Beteiligten.

Zuvor hatten politische Vertreter aus den Nachbarländern ihren Unmut
über die Einreisekontrollen geäußert. «Die Maßnahmen haben ganz
schwerwiegende Auswirkungen auf ganz Österreich und stehen daher in
einem klaren Widerspruch zu den «lessons learned» aus dem letzten
Frühjahr», sagte Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg.


Der deutsche Botschafter in Wien, Ralf Beste, war am Sonntagabend bei
einem Gespräch im Außenministerium auf die aus österreichischer Sicht

Unverhältnismäßigkeit der deutschen Schritte hingewiesen worden, hie
ß
es aus dem Ministerium. Um eine Einbestellung des Botschafters
handelte es sich dabei aber nicht, wie es aus dem Auswärtigen Amt
hieß.

An den Grenzen Deutschlands zu Tschechien und zum österreichischen
Bundesland Tirol gelten seit Sonntag schärfere Einreiseregeln. Aus
Angst vor den dort verbreiteten ansteckenderen Varianten des
Coronavirus wird an den Grenzübergängen streng kontrolliert. Sowohl
in Tschechien als auch in Tirol sind diese Varianten stärker
verbreitet als in Deutschland.

An der deutsch-tschechischen Grenze der Autobahn 17 von Prag nach
Dresden bildete sich am Montagmorgen ein kilometerlanger Stau. Wie
die Bundespolizeidirektion Pirna berichtete, rechnete sie im
Tagesverlauf mit mehreren Stunden Wartezeit. Bereits am Sonntag
hatten Reisende nach Inkrafttreten der Grenzkontrollen ein bis zwei
Stunden für die Weiterreise gebraucht.

«Das ist eine harte Entscheidung», sagt der französische
Europa-Staatssekretär Clément Beaune zu den verschärften
Grenzkontrollen. Weiter kündigte er an, dass er am Montag mit den
Regierungschefs der drei benachbarten Bundesländer Saarland,
Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sprechen werde, damit es keine
«bösen Überraschungen» an der gemeinsamen Grenze gebe.

Auch die Regierung in Paris hatte in der vergangenen Woche
mitgeteilt, es gebe im grenznahen ostfranzösischen Département
Moselle vergleichsweise viele Fälle, die auf die in Brasilien und
Südafrika entdeckten Virus-Varianten zurückgingen.

«Wir machen alles im Gespräch», sagte Beaune, der als Vertrauter von

Staatschef Emmanuel Macron gilt. Eine komplette Schließung der
deutsch-französischen Grenze solle verhindert werden.

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) versprach im
Blick auf mögliche Corona-Grenzkontrollen eine enge Abstimmung mit
den Nachbarländern. Strengere Kontrollen der Menschen, die sich über
die Grenzen bewegten, seien nicht auszuschließen, sagte er am Montag
im Landtag in Saarbrücken. «Wir werden aber alles in unserer Macht
Stehende tun, um Grenzkontrollen wie im Frühjahr 2020 zu verhindern.»

Derzeit dürfen aus den betroffenen Gebieten nur noch Deutsche sowie
Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland
einreisen. Ausnahmen gab es zunächst für medizinisches Personal,
Lastwagenfahrer und landwirtschaftliche Saisonkräfte. Die
verschärften Einreiseregeln sind laut Innenministerium zunächst auf
zehn Tage befristet, gelten also bis zum 23. Februar. Sie können
allerdings dann noch auf maximal drei Monate verlängert werden.