Online-Lernvideos auf YouTube - Mutmacher in der Krise? Von Lukas Dubro, dpa

Im Corona-Lockdown sehen viele Lehrer ihre Schüler nur noch am
Bildschirm. Um trotzdem im Kontakt zu bleiben, sind kreative Lösungen
gefragt. Eine Lehrerin dreht Videos mit einem Plüschbär als Star.

Berlin (dpa/bb) - Xenia Schütz aus Berlin-Biesdorf möchte ihren
Schülern in der Corona-Krise Mut machen - und setzt dabei auf kleine
Clips bei YouTube. Star ihres Kanals «Bärchen TV» auf der
Videoplattform ist das Plüschtier «Bärchen».

Der Bär mit der blau-weiß gestreiften Hose hat immer eine gute Idee
parat und erzählt den Kindern von den Dingen, die ihn jeden Tag
beschäftigen. Es sind Ferien, aber verreisen geht nicht -
«Bärchen» hat sich eine Insel gebaut, mit eigener Höhle und ein
em
Boot. Oder er macht ein Tischtennisturnier.

«Es geht darum, gut durch die Krise zu kommen», sagt Lehrerin Schütz,

die ihre Schüler derzeit im Corona-Lockdown nur noch am Bildschirm
sieht. Und das gehe am besten mit Lachen.

In Berlin sind die Schulen seit Mitte Dezember geschlossen. Xenia
Schütz versucht trotzdem für ihre Erst- und Zweitklässler da zu sei
n.
Und die «Bärchen»-Videos, die sie auf YouTube veröffentlicht, sind

ein Mittel dazu. Sie unterrichtet an der Grundschule am
Fuchsberg seit 20 Jahren Lebenskunde. Zu jedem der sehr kurzen Clips

stellt sie eine Frage, die mit den Themen aus ihrem Fach zu tun
haben. Die Schüler können ihre Antwort malen und ein Foto davon
schicken oder sie als Sprachnachricht aufnehmen.

Der Bär ist schon lange Teil von Xenia Schütz' Unterricht. Vor Corona

konnten die Kinder ihn mit nach Hause nehmen. Nun gibt es «Bärchen»
digital. Und das kommt sehr gut an - bei Kindern, Eltern und auch
Kollegen, berichtet Schütz.

YouTube-Videos als Lernformat: Könnte das auch für die Zeit nach
Corona Schule machen? Geht es nach Kai Schmidt, heißt die Antwort
ganz klar: Ja! Unter dem Namen «Lehrerschmidt» erklärt er seit 2015

Rechnen auf YouTube. Seine Videos wurden fast 100 Millionen Mal
angeklickt - im ersten Corona-Lockdown 2020 verdoppelten sich die
täglichen Aufrufe, sagt er.

Auch bekam er viele Anfragen von Lehrern und Verbänden, in denen er
nach Rat gefragt wurde. Der Pädagoge aus Uelzen in Niedersachsen mit

einer nach eigenen Worten großen Anhängerschaft in Berlin sieht
mehrere Vorteile in den Videos: Zum einen könnten sich die Schüler
ihre Lehrer aussuchen, zum anderen seien die Videos anders als
Nachhilfe-Unterricht kostenlos. 

Der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo
Beckmann, sieht in den Videos eine gute Auflockerung für den
Unterricht. Er gibt aber zu bedenken, dass kostenlose Angebote keiner
Qualitätsprüfung unterliegen. Die mangelnde Prüfung der Inhalte ist
auch für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) der
Hauptkritikpunkt.

Ein großes Thema unter Lehrern seien die Clips aber trotzdem. Nach
Angaben des VBE würden Lehrer gerne öfter digitale Medien benutzen.
Das hätten eigene Umfragen gezeigt. Ein Pluspunkt werde in der
besseren individuellen Förderung gesehen. Beckmann hofft, dass die
Digitalisierung an den Schulen weiter vorangetrieben wird.

Es wird sich also zeigen, welche Rolle die Lernvideos nach dem
Lockdown spielen, etwa wenn die Schulen in Berlin am 22. Februar
schrittweise wieder öffnen. Was die Clips können, zeigen die Kanäle
von Xenia Schütz und Kai Schmidt. Die Videos sind schnell und einfach
gemacht, sagt «Lehrerschmidt». Er selbst sei auch kein Technikprofi.

Schütz hatte zwar etwas Vorerfahrung im Filmbereich. Die Umsetzung
erfolgte jedoch mit einfachsten Mitteln: Die Kulissen sind selbst
gemalt und ausgeschnitten, erzählt sie. «Bärchen» und sein Freund

«Schäfchen» würden von ihr selbst gesprochen. Und so hat Schütz
 auf
sehr kreative Weise für ihre Schüler - zumindest im Moment - eine
eigene kleine Insel im tristen Corona-Meer gebaut.