Hamburg verlängert Lockdown unverändert - Kritik an Nachbarländern

In Hamburgs Umland hellt sich der Corona-Lockdown etwas auf,
Blumenläden, Zoos und Wildparks dürfen bald öffnen. Bürgermeister
Tschentscher verteidigt dagegen die andauernden Einschränkungen.
Seine Vertreterin Fegebank warnt vor einer «Lockerungskakophonie».

Hamburg (dpa/lno) - Ungeachtet einiger Öffnungsschritte in den
benachbarten Bundesländern verlängert Hamburg den Corona-Lockdown
praktisch unverändert. Die einzige Ausnahme sei die Öffnung der
Friseurgeschäfte ab 1. März, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher
(SPD) am Donnerstag nach einer Sondersitzung des Senats. Die neue
Verordnung sollte nach Angaben eines Sprechers bereits am Freitag in
Kraft treten. «Weitere Lockerungsschritte sind jetzt nicht das Gebot
der Stunde, so leid mir das tut», sagte Tschentscher unter Verweis
auf die unsichere Lage wegen der Virusvarianten.

Auf die Frage nach dem unterschiedlichen Vorgehen der Nachbarländer
betonte der Bürgermeister: «Wir haben uns alle zu diese Grundsätzen
bekannt, dass wir die Lockdown-Maßnahmen fortsetzen müssen, und ich
gehe davon aus, dass das auch alle Länder tun.» Die Zweite
Bürgermeisterin, Katharina Fegebank (Grüne) bekräftigte, dass Hamburg

die Bund-Länder-Beschlüsse vom Mittwoch 1:1 umsetzen werde. Sie fügte

hinzu: «Ich bin schon einigermaßen erstaunt über das Agieren einiger

Landesregierungen in unserer Nachbarschaft.» Alle Länder täten gut
daran, die gemeinsamen Beschlüsse ernstzunehmen. Fegebank warnte vor
einem unterschiedlichen Vorgehen: «Dann kommen wir wieder in so eine
Art Lockerungskakophonie.»

In Schleswig-Holstein sollen Zoos, Wildparks, Gartenbaucenter und
Blumenläden zum 1. März öffnen. Das kündigte Ministerpräsident Da
niel
Günther (CDU) am Donnerstag im Landtag an. Gleiches gelte für
bestimmte Sportmöglichkeiten auch innen sowie neben Friseursalons
auch für Nagelstudios.

In Niedersachsen dürfen Blumenläden und Gartencenter von Samstag an
wieder öffnen, wie die Staatskanzlei vor der Veröffentlichung der
neuen Corona-Verordnung bestätigte. Für die Floristen kommt die
Lockerung damit gerade noch rechtzeitig vor dem für die Branche
wichtigen Valentinstag am 14. Februar. Ein Entwurf der überarbeiteten
Verordnung sah neben der Öffnung der Blumenläden auch eine Lockerung
der Kontaktregel für Kinder vor. Außerdem sollten Autohändler wieder

öffnen dürfen, allerdings nur für Probefahrten.

Tschentscher will über Lockerungen erst sprechen, wenn die Zahl der
Neuinfektionen je 100 000 Einwohner in sieben Tagen unter 35 liegt.
Er begründete seine vorsichtige Haltung mit der möglichen Gefahr von
Virusvarianten. Die britische Mutante B 1.1.7 sei nach Angaben des
Robert Koch-Instituts in 5,8 Prozent der untersuchten Fälle
festgestellt worden. Es gebe keine wissenschaftliche Herleitung für
einen bestimmten Inzidenzwert, räumte Tschentscher ein. Aber die
Wissenschaftler seien sich einig: «Je niedriger wir mit der
Infektionszahl sind, umso sicherer sind wir auch, dass es nicht zu
einer dritten Welle kommt.»

Bislang galt eine Inzidenz von 50 als kritische Schwelle, ab der die
Behörden Kontaktbeschränkungen anordnen müssen. Die Grenzen von 50
und 35 seien nicht durch eine wissenschaftliche Herleitung
entstanden, sagte Tschentscher. «Das sind Grenzen, die wir in diesem
Spektrum an Möglichkeiten jetzt einfach gesetzt haben.»

Die Hamburger Inzidenz sank nach Angaben der Gesundheitsbehörde von
68,4 auf 66,8. Vor einer Woche hatte dieser Wert bei 74,2 gelegen.
Das RKI nannte am Donnerstag eine Inzidenz von 58,1 für die
Hansestadt.

Der Unternehmensverband UVNord kritisierte die Beschlüsse der
Ministerpräsidenten und von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zur
Fortsetzung des Corona-Lockdowns als «unausgegoren, ungerecht und
unsystematisch». «Sowohl das Herangehen der Kanzlerin wie auch der
verkrustete Föderalismus schaden dem Standort Deutschland massiv, in
gesundheitlicher und in wirtschaftlicher Hinsicht», erklärte
UVNord-Präsident Uli Wachholtz. So sei etwa nicht nachvollziehbar,
warum Friseure Anfang März ihre Läden wieder öffnen dürfen, nicht
aber Einzelhändler, die mit deutlich größeren Abständen und
aufwendigen Hygienemaßnahmen den Schutz von Kunden gewährleisteten,
betonte der Präsident der Vereinigung der Unternehmensverbände in
Hamburg und Schleswig-Holstein.