Mobilitätsforscher: Inzidenz von 35 bis etwa Anfang März erreichbar

Berlin (dpa) - Die von Bund und Ländern angepeilte bundesweite
Sieben-Tage-Inzidenz von 35 ist Modellrechnungen aus Berlin zufolge
bis etwa Anfang März erreichbar. «Die Voraussetzung ist, dass die
Menschen ihr jetziges Verhalten beibehalten», sagte der Leiter des
Fachgebiets Verkehrssystemplanung und Verkehrstelematik an der TU
Berlin, Kai Nagel, der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag.

Seine Gruppe modelliert das Infektionsgeschehen in Berlin unter
anderem mit anonymisierten Mobilfunkdaten. In ihrem jüngsten Bericht
schrieben die Forscher, derzeit hielten die Menschen die
Kontaktbeschränkungen diszipliniert ein. Nagel zufolge sind die
Ergebnisse übertragbar auf die Lage bundesweit.

In die Modelle fließen auch Kennzahlen zum Virus und Aspekte wie die
Temperatur und die davon abhängigen Freizeitaktivitäten ein.
Berücksichtigt sind auch die ansteckenderen Corona-Varianten. Diese
würden laut dem Modell ab Anfang April dominierend, sagte Nagel.

Der Mobilitätsforscher betonte, nach seinen Berechnungen sei im
Frühjahr 2020 der Frühling entscheidend beim Drücken der
Infektionszahlen zu Hilfe gekommen. «Ohne den Beginn der warmen
Witterung hätten wir das nicht geschafft.» Nagel appellierte, dass
man sich derzeit wenn nötig im Freien und nicht in geschlossen Räumen
mit anderen Menschen treffen sollte. Dort sei das Ansteckungsrisiko
geringer.

Angesichts der noch unklaren Entscheidungen der Länder zum Thema
Schulöffnung sei es noch schwer zu beurteilen, inwieweit dies einen
Unterschied für die Entwicklung der Inzidenz mache, schilderte der
Wissenschaftler. Bei vorsichtigen schrittweisen Öffnungen gehe er von
geringen Einflüssen in der Zeit bis Anfang März aus. Weniger gut sähe

es demnach aus, kehrten die Länder beispielsweise zu
Präsenzunterricht ohne Mund-Nasen-Schutz zurück.

Die Sieben-Tage-Inzidenz gibt die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000
Einwohner binnen einer Woche an. Bund und Länder hatten am Mittwoch
beschlossen, dass weitere Öffnungen durch die Länder erst erfolgen
sollen, wenn eine «stabile» Inzidenz von höchstens 35 erreicht ist.
Das Robert Koch-Institut (RKI) gab den Wert am Donnerstag mit 64,2
an.