Lockdown-Verlängerung um drei weitere Wochen - Schulen öffnen früher

Besser frisiert, doch weiterhin auf Distanz - so wird die deutsche
Bevölkerung die erste März-Woche erleben. Denn abgesehen von der
vorgezogenen Öffnung der Friseursalons bleibt der Lockdown bestehen.
In Sachen Kinderbetreuung und Bildung gehen die Länder eigene Wege.

Berlin (dpa) - Die aktuell geltenden Maßnahmen zur Bekämpfung der
Corona-Pandemie werden grundsätzlich bis zum 7. März verlängert.
Darauf haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die
Regierungschefs der Länder am Mittwoch nach mehrstündigen Beratungen
verständigt. Sollte die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz der
Neuinfektionen bis dahin stabil unter 35 gesunken sein, sollen die
Länder die Beschränkungen danach ihre Corona-Schutzverordnungen
jeweils schrittweise lockern.

Dann sollten zuerst der Einzelhandel, Museen und Galerien sowie
Betriebe mit körpernahen Dienstleistungen unter konkreten Auflagen
wieder aufmachen können, heißt es in dem Beschluss von Bund und
Ländern. Die Runde regte zudem eine vorgezogene Impfung für
Lehrkräfte sowie für Erzieher und Erzieherinnen an.

Dass der Lockdown trotz sinkender Infektionszahlen vorerst noch nicht
beendet wird, begründete die Bund-Länder-Runde vor allem mit dem
Risiko, das von einer Verbreitung von neuen ansteckenderen Varianten
des Sars-CoV-2-Virus ausgeht. «Das alte Virus wird verschwinden. Wir
werden mit einem neuen Virus leben. Und dieses neue Virus und sein
Verhalten können wir noch nicht einschätzen», warnte die Kanzlerin.
Experten sagten voraus, dass die mutierten Viren Mitte März die
Oberhand gewinnen könnten. Deshalb sei die Zeitspanne bis dahin zum
Senken der Inzidenzen existenziell.

Momentan infizieren sich pro 100 000 Einwohner im bundesweiten
Schnitt 68 Menschen innerhalb von sieben Tagen neu mit dem Virus. Der
Wert von 35 sei durchaus in Sichtweite, betonte Bayerns
Ministerpräsident Markus Söder (CSU): «Es ist kein Vertagen auf den

Sankt-Nimmerleinstag.»

Wann es für Schulen und Kindertagesstätten Öffnungsschritte geben
soll, wird nicht bundeseinheitlich geregelt. Merkel sagte, sie hätte
damit gerne erst ab dem 1. März begonnen. Die Länder, die für Bildung

zuständig sind, hätten dies aber anders beurteilt. Etliche
Bundesländer wollen die wegen der Corona-Pandemie geschlossenen
Schulen bereits im Februar schrittweise öffnen. Berlin plane diesen
Schritt für den 22. Februar, sagte der Regierende Bürgermeister
Michael Müller (SPD). Auch andere Bundesländer orientierten sich an
diesem Termin, fügte der aktuelle Vorsitzende der
Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) hinzu. Sachsens Ministerpräsident
Michael Kretschmer (CDU) verteidigte beim Sender RTL/ntv die Öffnung
von Grundschulen und Kitas im Freistaat schon ab kommenden Montag.

In dem Bund-Länder-Beschluss wird Gesundheitsminister Jens Spahn
(CDU) aufgefordert, zu prüfen, ob bei der nächsten Fortschreibung der
Coronavirus-Impfverordnung Beschäftigte in der Kindertagesbetreuung
sowie Lehrkräfte an Grundschulen frühzeitiger als bisher vorgesehen
geimpft werden könnten. Kita- und Grundschulpersonal könnte dann noch
vor dem Sommer mindestens die erste Corona-Impfung bekommen, sagte
Merkel. Diese Berufsgruppen hätten nicht die Chance, in ihrer
Berufsausübung die notwendigen Abstände einzuhalten. Es gehe um ein
Signal, dass Kita und Schule wichtig seien und «dass wir eine
besondere Schutzpflicht für diese Beschäftigten haben, das wollen wir
damit ausdrücken».

Die AfD überzeugten die Beschlüsse nicht. Die Vorsitzende der
Bundestagsfraktion, Alice Weidel, sagte: «Monatelang wurde eine
Inzidenz von 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner als quasi
magischer Wert beschworen, der erreicht werden müsse, um den Lockdown
aufzuheben. Nun, wo sich die gemeldeten Zahlen diesem Wert annähern,
wird er verworfen und stattdessen die Zahl 35 aus dem Hut gezaubert.»
«Die heutigen Beschlüsse zeigen, dass sich Angela Merkel gedanklich
im Lockdown eingemauert hat», sagte Linken-Fraktionschef Dietmar
Bartsch den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Friseurbetriebe dürfen ihren Betrieb dem Beschluss zufolge am 1. März
wieder aufnehmen - «unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des
Zutritts mit Reservierungen sowie unter Nutzung medizinischer
Masken». Begründet wird dies mit der «Bedeutung von Friseuren für d
ie
Körperhygiene», insbesondere Ältere seien darauf angewiesen.

Offen bleibt, wie es für Restaurants, Hotels, Clubs, Theater und
Konzerthäuser sowie den Amateursport weitergehen soll. In dem
Beschluss heißt es dazu lediglich, Bund und Länder arbeiteten «weiter

an der Entwicklung nächster Schritte der sicheren und gerechten
Öffnungsstrategie.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hatte vor der
Videokonferenz ein klares, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen
basierendes Öffnungsszenario eingefordert, «statt einschränkende
Maßnahmen im Mehr-Wochen-Rhythmus ohne mittelfristige Perspektive
fortzuführen». Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke)
mahnte in einer Protokollerklärung zu dem Beschluss zudem an, die
Arbeit an einer Öffnungsstrategie müsse rechtzeitig vor der für den
3. März geplanten kommenden Bund-Länder-Besprechung abgeschlossen
sein. «Es ist davon auszugehen, dass viele Unternehmer und
Selbstständige ihre verfassungsmäßigen Rechte einklagen werden»,
sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki der «Rheinischen Post».

Bislang waren die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie bis zum 14.
Februar befristet. Zwei Drittel der Bürger würden einer Umfrage des
Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge die Verlängerung bis Ende
Februar befürworten. Etwa ein Viertel (26 Prozent) sprach sich gegen
eine Verlängerung aus.