RKI mahnt zu deutlich stärkerer Corona-Eindämmung

Der bundesweite Teil-Lockdown im Kampf gegen die Corona-Pandemie
zeigt erste Effekte - aber reicht das und geht es schnell genug
voran? Experten des Bundes sehen stärkere Kontaktvermeidung als
Schlüssel.

Berlin (dpa) - Die Zahl der neuen Corona-Fälle in Deutschland muss
aus Sicht des Robert Koch-Instituts (RKI) deutlich stärker gesenkt
werden, um das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu bekommen. «Die
Lage bleibt weiter sehr angespannt», sagte RKI-Präsident Lothar
Wieler am Donnerstag in Berlin. Auch nach den Beschränkungen der
vergangenen Wochen, die die Fallzahlen als ersten Erfolg stabilisiert
hätten, seien sie immer noch zu hoch. Ziel bleibe, «die Infektionen
auf ein Level zu senken, mit dem wir alle umgehen können».

Aktuell sei leider eine Entwicklung zu sehen, wie sie bei anhaltend
hohen Fallzahlen befürchtet worden sei. Die Gesundheitsämter seien
zusehends erschöpft und schafften es nicht mehr zu ermitteln, wo sich
Betroffene angesteckt haben. Es gebe mehr Ausbrüche in Alten- und
Pflegeheimen, in einigen Regionen kämen Krankenhäuser an
Belastungsgrenzen. Die Zahl der schweren Verläufe und Todesfälle
steige von Woche zu Woche, zu rechnen sei mit vielen weiteren Fällen.

Wieler rief alle Bürger eindringlich dazu auf, Regeln zu Abstand,
Hygiene und Alltagsmasken «immer und überall» zu beherzigen. Dies sei

entscheidend, da man sich prinzipiell überall anstecken könne, wo
Menschen zusammenkommen. «Wir sind dem Virus nicht hilflos
ausgeliefert.» Covid-19 sei «eine vermeidbare Erkrankung.»

Nach einer sehr erfolgreichen Eindämmung im Frühjahr bekomme
Deutschland die Zahlen derzeit «nicht mit aller Verve runter». Der
RKI-Präsident äußerte aber die Hoffnung, dass die
Mitmach-Bereitschaft (Compliance) der Menschen zunehme, da inzwischen
auch mehr aus eigener Anschauung merkten, wie ernstzunehmend die
Krankheit sei.

Mit Blick auf die von Bund und Ländern angestrebte Senkung der
Neuinfektionen auf unter 50 Fälle pro 100 000 Einwohner binnen sieben
Tagen sagte Wieler, dies sei «prinzipiell machbar». Es hänge aber
maßgeblich vom Verhalten der Menschen ab, wie schnell es machbar sei.

In Deutschland wurden laut RKI nun 22 046 neue Infektionen binnen
24 Stunden gemeldet - etwas weniger als am Donnerstag der Vorwoche
mit 22 268. Mit 479 innerhalb eines Tages gemeldeten Todesfällen gab
es jetzt den zweithöchsten Stand seit Beginn der Pandemie. Um die
Virus-Ausbreitung einzudämmen, hatten Bund und Länder beschlossen,
den seit Anfang November geltenden Teil-Lockdown mit Schließungen
zahlreicher Einrichtungen bis 10. Januar 2021 zu verlängern. Das RKI
hob hervor, dass mit «großer Sorge» Ansteckungen in Alten- und
Pflegeheimen zu sehen seien, die Bewohner seien sehr gefährdet.