Britisches Impfprogramm: Senioren und medizinisches Personal zuerst

Nach der Notfallzulassung des Corona-Impfstoffs von Biontech und
Pfizer will die britische Regierung möglichst schnell mit den
Immunisierungen beginnen. Doch das birgt auch Schwierigkeiten.

London (dpa) - Die Nachricht über die Zulassung des Impfstoffs des
Unternehmens Biontech und seines Partners Pfizer in Großbritannien
hat die Regierung in London als Erfolgsmeldung gefeiert. Doch die
Durchführung der Impfungen dürfte sich als echte Herausforderung
erweisen.

Wie Premierminister Boris Johnson ankündigte, sollen zunächst
Bewohner von Pflegeheimen, medizinisches Personal, alte und
gesundheitlich gefährdete Menschen geimpft werden. Doch allein die
Lagerung des Impfstoffs ist kompliziert. Er muss bei minus 70 Grad
aufbewahrt werden. Erst nach einer zweiten Impfdosis entfaltet sich
die Schutzwirkung des Vakzins. «Es wird unvermeidlich einige Monate
dauern, bevor alle, die am meisten gefährdet sind, geschützt sind -
lange, kalte Monate», sagte Johnson.

Bereits in der kommenden Woche sollen 800 000 Impfdosen verfügbar
sein. Millionen weitere sollen noch vor dem Jahreswechsel folgen. Vom
Frühjahr kommenden Jahres an sollen dann weitere Bevölkerungsgruppen
immunisiert werden.

Die Impfungen sollen zunächst an 50 Kliniken im Land verabreicht
werden, erklärte Simon Stevens vom englischen Gesundheitsdienst NHS
(National Health Service). Später sollen Hausarztpraxen hinzukommen.
Anfangs seien aber nur Einheiten mit 975 Dosen verfügbar. Sobald ein
Weg gefunden sei, die Impfdosen auf sicherem Wege in kleinere
Einheiten zu unterteilen, könne mit dem Impfen in Pflegeheimen
begonnen werden. Wer zu den für die Impfung vorgesehenen Gruppen
gehöre, erhalte eine Benachrichtigung per Post, sagte Stevens.

Der sogenannte mRNA-Impfstoff von Pfizer/Biontech hat nach
umfangreichen Testreihen eine Wirksamkeit von rund 95 Prozent, wie
die Hersteller mitgeteilt hatten. Das Vakzin funktioniere über alle
Altersgruppen und andere demografische Unterschiede hinweg ähnlich
gut und zeige praktisch keine ernsten Nebenwirkungen. Bei den Tests
wurde der Schutz vor einer Covid-19-Erkrankung untersucht.

Bei einer Pressekonferenz am Mittwochabend lobte Johnson die Arbeit
der Impfstoffentwickler. Sie seien dem Virus mit «biologischem Jiu
Jitsu» zu Leibe gerückt, sagte der Premier. Wie bei der sanften
asiatischen Kampfkunst, bei der die Kraft des Gegners ausgenutzt
wird, hätten sie das Virus mit dessen eigener Kraft bekämpft. Der
Impfstoff enthält den Bauplan für einen Teil des Erregers.

Insgesamt hat Großbritannien 40 Millionen Dosen des nun zugelassenen
Impfstoffs bestellt. Damit können 20 Millionen Menschen geschützt
werden, da das Mittel zweimal verabreicht werden muss. Großbritannien
hat knapp 67 Millionen Einwohner. Auch für die aussichtsreichen
Impfstoffkandidaten des US-Konzerns Moderna sowie der Universität
Oxford und des Pharmakonzerns Astrazeneca werden derzeit die
Zulassungen geprüft.