Merkel: Müssen ohne große Impfstoffmengen durch Winter kommen

Die Vorbereitungen laufen schon, damit ein künftiger Impfstoff gegen
das Coronavirus rasch eingesetzt werden kann. Die Kanzlerin dämpft
aber Erwartungen, dass es sofort mit Massen-Impfungen losgehen kann.

Berlin (dpa) - Bund und Länder wollen sich für einen baldigen Start
von Corona-Impfungen in Deutschland wappnen - auf breiter Front
dürften sie aber erst später im neuen Jahr möglich sein. «Wir müs
sen
durch den Winter durchkommen, ohne darauf setzen zu können, dass wir
in großem Maße schon Impfstoff zur Verfügung haben», sagte Kanzleri
n
Angela Merkel (CDU) am Mittwochabend in Berlin nach Beratungen mit
den Ministerpräsidenten. «Wir dürfen im ersten Quartal noch nicht
überbordende Hoffnungen über die Mengen des Impfstoffs haben.»

Von den Herstellen Biontech/Pfizer und Moderna zusammen könne
Deutschland im ersten Quartal 2021 wahrscheinlich sieben Millionen
Impfdosen bekommen. Nötig seien dann zwei Impfungen in bestimmtem
Abstand. Zeigen müsse sich zudem, wie viele Menschen sich jeweils für
Impfungen entscheiden. Beim Impfstoff des Herstellers Astra Zeneca
könne man angesichts von Verzögerungen in der Erprobung nicht genau
sagen, ob er noch im ersten Quartal zur Verfügung stehe. «Wenn Ja,
dann haben wir uns da ziemlich viele Dosen gesichert», sagte Merkel.

Im zweiten Quartal 2021 würden sich mögliche Mengen voraussichtlich
schon «sehr viel besser darstellen», im dritten Quartal werde bei
erwartetem Verlauf dann sehr viel Impfstoff verfügbar sein. Die
Einschätzungen zur weiteren Entwicklung sollten immer wieder
fortgeschrieben werden, sagte Merkel. Sie betonte mit Blick auf die
nächsten Schritte hin zum Einsatz von Impfstoffen: «Wir vertrauen der
Europäischen Medizin-Agentur.» Sie sei die Zulassungsbehörde, die
sicher und ordentlich arbeiten werde. Dies werde dann auch dazu
führen, dass Impfstoffe europaweit zugelassen werden.

Erste Impfstoff-Zulassungen in der EU könnten Ende Dezember kommen,
erläuterte Merkel. Deswegen sei es wichtig, dass die Vorbereitungen
darauf dann schon weit gediehen seien. In den Bundesländern gebe es
große Anstrengungen beim Aufbau vorgesehener regionaler Impfzentren.

Daneben stünden genauere Festlegungen zur Reihenfolge von Impfungen
aus, mit denen sich zunächst die Ständige Impfkommission befassen
soll. «Wir werden eine Feinpriorisierung nicht machen, bevor wir
nicht die Empfehlung der Ständigen Impfkommission haben», sagte
Merkel. Auf dieser Grundlage werde das Bundesgesundheitsministerium
dann eine Verordnung erlassen, die auch mit den Ländern abgestimmt
werde. Es sei derzeit nicht abschließend zu sagen, ob dies noch vor
Weihnachten oder unmittelbar danach der Fall sein werde.

Die Kanzlerin verwies darauf, dass dafür zunächst auch Daten aus dem
Zulassungsverfahren benötigt würden - erste Entscheidungen dazu hatte
die EU-Agentur bis spätestens 29. Dezember in Aussicht gestellt. Es
könne sich zudem auch von Impfstoff zu Impfstoff unterscheiden, wie
bestimmte gefährdete Gruppen darauf reagieren, erläuterte Merkel.

Merkel bekräftigte, dass bei den Impf-Prioritäten vom Grundsatz her
zum einen Beschäftigte im Gesundheitswesen und in der Pflege sowie in
der wichtigen «Infrastruktur» des Landes im Blick stünden - etwa
Polizisten, die bei Demonstrationen «sehr in Berührung kommen mit
anderen Menschen. Der «Grundstrang» richte sich nach der Linie «Je
älter, desto größer das Risiko». Ältere sollten also zuerst geimp
ft
werden können, dann weitere Menschen absteigend nach Lebensalter.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) mahnte beim
Bund rasche Festlegungen zu den Rahmenbedingungen an. Viele Länder
wie auch Berlin seien mit ihren Impfzentren schon gut vorbereitet.
«Aber wichtig ist, dass wir hier gemeinsam dranbleiben.» Nötig seien

Regelungen zum Einladungssystem für die Betroffenen, das bundesweit
einheitlich gestaltet werden soll. Hier brauchten die Länder schnelle
Planungssicherheit. «Das macht sich nicht von alleine.»