Weihnachten als Super-Spreader: EU-Kommission mahnt zur Vorsicht

Möglichst wenige Menschen beieinander, vorher und nachher Quarantäne:
So lautet die Empfehlung aus Brüssel für die Feiertage. Die deutschen
Regeln sind lockerer. Aber die EU-Empfehlung sei richtig, sagt der
Gesundheitsminister.

Brüssel (dpa) - An Weihnachten fordert die EU-Kommission wegen Corona
höchste Vorsicht und Selbstdisziplin. «Wir wollen Weihnachten nicht
absagen», sagte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides am Mittwoch.
«Aber wir können nicht das Risiko eingehen, dass Weihnachten oder die
Feiern zu Neujahr Super-Spreading-Events werden.» Die Kommission
empfahl strikte Beschränkungen über die Feiertage - während
Deutschland einige Lockerungen zulässt.

In Empfehlungen der Kommission heißt es, sollte überhaupt eine
Lockerung der Regeln für Zusammenkünfte erwogen werden, dann nur mit
strikten Quarantäneauflagen für mindestens sieben Tage davor und
danach. Kontakte sollten an den Festtagen möglichst auf immer
dieselben Personen beschränkt und reduziert werden. Die EU-Staaten
sollten eine Verlängerung der Schulferien oder des Online-Unterrichts
nach den Feiertagen erwägen, um das Infektionsrisiko zu begrenzen.

Deutschland will nach den Absprachen von Bund und Ländern über die
Feiertage einige Beschränkungen lockern. Statt fünf Personen sollen
dann zehn Menschen aus verschiedenen Haushalten zusammenkommen
dürfen. Im Nachbarland Belgien gab es daran bereits Kritik.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte in einer Pressekonferenz
mit Kyriakides, die Kommission unterbreite nur Empfehlungen. Aber es
sei richtig, sich mit so wenigen Menschen wie möglich und
idealerweise nur aus einem Haushalt zu treffen und vorher und nachher
Kontakte weitestgehend zu beschränken. Er verstehe nicht, dass dies
nur mit staatliche Zwang gehen sollte. Einheitliche Vorgaben für alle
EU-Staaten fände er «nicht hilfreich», weil die Lage verschieden sei.


Die EU-Kommission sieht auch ein Problem in den erwarteten Reisen
über die Feiertage. «Flughäfen, Busbahnhöfe, Bahnhöfe, öffentli
cher
Verkehr, Tankstellen und Rastplätze gehören zu den Orten, wo Reisende
dem Virus in der Luft und auf Oberflächen ausgesetzt sein können»,
warnt die Behörde. An solchen Orten sollten Hygiene- und
Abstandsregeln strikt eingehalten werden.

Geraten wird den EU-Staaten, die Kliniken auf höhere Patientenzahlen
einzurichten. «Angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit, dass
Covid-19-Fälle bei einer Lockerung von Maßnahmen über die Festtage
zunehmen, sollten die EU-Staaten sicherstellen, dass ihr
Gesundheitssystem für eine mögliche Zunahme der Aufnahmezahlen bereit
ist», heißt es in den Empfehlungen. Dazu sollten unter anderem
spezielle Dienstpläne aufgestellt werden.

Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC warnte, würden Corona-Auflagen kurz
vor Weihnachten gelockert, könnte es zu einer Zunahme von
Klinikeinweisungen in der ersten Januarwoche kommen. Nehme man die
Beschränkungen Anfang Dezember zurück, könnte dies sogar während de
r
Weihnachtsfeiertage geschehen, sagte ECDC-Direktorin Andrea Ammon.
«Es ist jetzt nicht die Zeit, die Maßnahmen zu lockern.»

Italien will die Corona-Beschränkungen für die Zeit um Weihnachten
und Silvester sogar verschärfen, wie Gesundheitsminister Roberto
Speranza ankündigte. Reisen zwischen Regionen und auch zwischen
Fahrten zwischen Kommunen sollten begrenzt werden. «Wir müssen den
Kontakt zwischen den Menschen so weit wie möglich einschränken.»
Andernfalls stehe im Januar und Februar «eine dritte Welle vor der
Tür», warnte er.