Österreich macht Grenzen über Weihnachten und Neujahr praktisch dicht Von Matthias Röder, dpa

Die Österreicher werden bis Mitte Januar beim Wintersport wohl ganz
unter sich sein. Die neuen Bestimmungen machen Reisen ins Land
vorübergehend höchst unattraktiv. Das gilt auch für deutsche Skifans.


Wien (dpa) - Es ist ein Schlag für Wintersportler, aber auch für die
österreichische Tourismuswirtschaft. Die Regierung in Wien hat die
bisher so lukrativen Weihnachtsurlaube im Land praktisch unmöglich
gemacht. Eine zehntägige Quarantänepflicht für alle Einreisenden aus

Corona-Risikogebieten - dazu zählt laut Definition auch Deutschland -
spricht gegen die Pistengaudi am Arlberg, in Kitzbühel oder
Saalbach-Hinterglemm. Übernachtung und Essen wären auch schwierig zu
organisieren: Hotels und Gaststätten in Österreich bleiben bis zum 6.
Januar zu. Zunächst hatte die Regierung den 7. Dezember als
Starttermin mitgeteilt. Später hieß es, die Quarantänepflicht gelte
ab «kurz vor Weihnachten».

Österreich setze auf ein konsequentes Grenzregime, damit das Virus
nicht durch Rückkehrer oder Touristen ins Land getragen werde, sagte
Kanzler Sebastian Kurz am Mittwoch in Wien. Der Schwellenwert für
Risikogebiete seien mehr als 100 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner
in den vergangenen 14 Tagen. Das gelte praktisch für alle
Nachbarstaaten und speziell auch für den Westbalkan, hieß es. Laut
Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt dieser Wert für Deutschland
aktuell bei etwa 300.

«Die sinkenden Zahlen, die wir derzeit in Österreich erleben, die
sind ein Erfolg, aber sie sind kein Grund zur Entwarnung», sagte Kurz
bei der Präsentation der Einschränkungen und der Lockerungen. Denn
dank des Lockdowns sei eine Überlastung des Gesundheitssystems
verhindert worden. Vom kommenden Montag an darf der Handel, dürfen
die Friseure und die Museen unter Beachtung der üblichen
Hygieneregeln wieder öffnen. Zugleich bleiben Kinos, Theater und
Konzertsäle bis 6. Januar zu. Ausgangsbeschränkungen bestehen noch
zwischen 20 Uhr und 6 Uhr. So sind es nur sehr behutsame Schritte,
die Österreich seinen Bürgern erlaubt.

Die Infektionszahlen seien nach wie vor auf einem viel zu hohen
Niveau, war sich die Regierungsspitze einig. Am Mittwoch wurden 3972
Neuinfektionen binnen eines Tages verzeichnet. Bezogen auf die
Einwohnerzahl ist dieser Wert um ein Mehrfaches höher als in
Deutschland.

Die nun auch für viele Deutsche ärgerlichen Reisebeschränkungen sind

nach den Worten des Wiener Innenministers Karl Nehammer eine
Konsequenz aus den Erfahrungen des Sommers. Rund 30 Prozent aller
Corona-Neuinfektionen seien damals von Urlaubsrückkehrern ins Land
getragen worden. Der besorgte Blick gilt dabei den vielen Menschen,
die vom Balkan stammen und dort die Feiertage verbringen wollen. In
vielen Ländern Südosteuropas und auch in der Türkei sind die
Infektionszahlen besonders hoch.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) begrüßte die Schritte
Wiens. Alle hätten die Erfahrungen aus Februar und März noch in den
Knochen, dass durch den Rückreiseverkehr aus dem Skiurlaub das Virus
teils unbemerkt in fast alle EU-Staaten mitgebracht worden sei, sagte
Spahn am Mittwoch nach einer Videokonferenz mit seinen
EU-Amtskollegen.

Für die Gaststätten und Hotels werde es wirtschaftliche
Entschädigungen geben, sagte Kurz. «Es ist eine außergewöhnliche
Situation, die von allen sehr viel abverlangt», so
Tourismusministerin Elisabeth Köstinger. Immerhin dürfen die Lifte in
den Skigebieten ab dem 24. Dezember öffnen - und können somit im
Wesentlichen von Einheimischen genutzt werden. So viel Platz auf den
Pisten wird es wohl nie mehr geben. Mit dem Liftbetrieb soll auch das
boomende - und nicht ungefährliche - Skitourengehen in Grenzen
gehalten werden.

Kurz rief die Bürger auf, sich an den bevorstehenden Massentests zu
beteiligen. In Wien, Tirol und Vorarlberg können sich die Menschen ab
Freitag testen lassen. Danach folgen weitere Bundesländer. Die
Experten hoffen, dass sich mehrere Millionen Menschen beteiligen, um
so die Infektionsketten zu unterbrechen. Und der Kanzler hielt an
seinem schon vor Wochen abgegebenen Versprechen fest: «Wir bleiben
nach wie vor bei unserer Einschätzung, dass wir im Sommer wieder zur
Normalität zurückkehren können.»

Den deutschen Siktouristen bleibt damit die Schweiz. Die Regierung in
Bern widersetzt sich dem Druck aus Deutschland und anderen Ländern,
das Skifahren über Weihnachten und Neujahr zu verbieten. Von
Quarantäneauflagen bei der Einreise wie jetzt in Österreich ist
bislang auch keine Rede. Allerdings will die Regierung Skigebiete auf
strikte Maßnahmen während der Hochsaison verpflichten. Dabei soll es
etwa darum gehen, die Gesamtzahl der Gäste in einem Ort zu
beschränken, um strikte Abstandsregeln beim Anstehen an Liften und
eine Maskenpflicht etwa in belegten Fußgängerzonen der Skiorte. Die
nächste Kabinettssitzung ist am Freitag, wenn die Maßnahmen verkündet

werden könnten.