Mediziner: Weitere Forschung an Corona-Medikamenten nötig

München (dpa) - Trotz hoffnungsvoller Berichte über eine nahe Impfung
gegen das Coronavirus mahnt der Münchner Infektiologe Clemens
Wendtner zur weiteren intensiven Forschung an Medikamenten. «Was wir
bisher von den Impfstoffen gehört haben, klingt sehr, sehr gut. Von
daher bin ich zuversichtlich», sagte der Chefarzt der Klinik für
Infektiologie in der München Klinik Schwabing, der im Januar die
ersten Corona-Patienten Deutschlands behandelt hatte.

Um eine künstliche Herdenimmunität über die Impfung zu erreichen,
müssten aber 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung geimpft sein - das
werde bis weit ins Jahr 2021, vielleicht sogar bis Anfang 2022
dauern. «Bis dahin werden wir die Patienten medizinisch versorgen
müssen», sagte Wendtner.

«Deswegen gilt nicht entweder oder, sondern sowohl als auch: Die
Medikamentenforschung ist nach wie vor wichtig.»

Bisher gibt es kaum ein Medikament, das die Covid-19-Erkrankung
wirksam bekämpft. Am häufigsten und effektivsten werden derzeit
Kortison-Präparate eingesetzt, alle voran Dexamethason. Dieses
Präparat spiele in der Spätphase der Krankheit eine Rolle, um
überschießende Entzündungsreaktionen durch Covid-19 zu verhindern,
sagte Wendtner.

Das ursprünglich vielversprechende und seit mehreren Monaten für die
Behandlung von Covid-19 zugelassene Medikament Remdesivir, das auch
US-Präsident Donald Trump bekam, spielt bei der Behandlung eine
eingeschränkte Rolle, da es nur in der Frühphase wirkt, solange der
Patient noch nicht auf Intensivstation künstlich beatmet werden muss.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO rät vom Einsatz bei Covid-19
bereits ab, da der Nutzen insgesamt gering sei.

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat dennoch kürzlich eine
Notfallzulassung im Zusammenhang mit Remdesivir erteilt: Der
Wirkstoff Baricitinib, sonst zur Behandlung von Arthritis eingesetzt,
darf bei Corona in Kombination mit Remdesivir angewendet werden.