Corona-Ampel für Belegung von Intensivbetten kurzfristig auf Rot

Erst steigen die Infektionszahlen, mit einiger Verzögerung dann auch
die Krankenhausaufnahmen. Bei der Belegung der Intensivbetten in
Berlin springt Berlins Corona-Warnsystem am Wochenende erstmals kurz
auf Rot.

Berlin (dpa/bb) - Die Berliner Corona-Ampel ist zum ersten Mal seit
der Einführung im Mai auch beim Kriterium Intensivbetten-Belegung auf
Rot gesprungen. Der am Sonntag nachgemeldete Samstag-Wert von 25,3
Prozent Covid-19-Patienten auf Intensivstationen lag über der
festgelegten Marke von 25 Prozent. Am Abend markierte der
Corona-Lagebericht der Gesundheitsverwaltung für Sonntag dann 24,2
Prozent. Die Ampel wechselte wieder auf Gelb.

Bei den Fallzahlen der vergangenen sieben Tage pro 100 000 Einwohner
zeigt das Ampelsystem schon länger Rot an. Dieser Inzidenz-Wert lag
nun bei 202,0. Berlin hat inzwischen 64 220 bekannte Infektionsfälle,
damit stieg die Zahl gegenüber dem Vortag um 332. Bei den Todesfällen
kamen drei hinzu, es sind nun 553.

Für den Fall zweier roter Ampeln hatte der Senat vereinbart, dass
dies Handlungsbedarf bedeutet. Bereits ab Anfang Oktober waren
Corona-Maßnahmen wieder verschärft worden, nachdem die Werte bei den
Fallzahlen und der Reproduktionszahl (R-Wert) in den roten Bereich
gerutscht waren.

Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci warnte vor einer Überlastung der
Krankenhäuser. «Die anhaltend hohen Infektionszahlen führen zu einer

zunehmenden Auslastung der Intensivbetten für immer mehr
schwerstkranke Covid-19-Patient*innen», twitterte die SPD-Politikerin
über den Account ihrer Behörde.

«Wir haben in Berlin vorsorglich frühzeitig die Kapazitäten
gesteuert, sodass Schlimmeres bis jetzt verhindern werden kann»,
sagte Kalayci. In der Krankenhauslandschaft spitze sich die Lage auch
zu, weil Personal coronabedingt ausfalle. Die Gesundheitssenatorin
appellierte, den Mitarbeitenden in den Krankenhäusern Überlastung zu
ersparen. Kalayci forderte dazu auf, Maske zu tragen, auf jeden nicht
zwingenden Kontakt zu verzichten und Abstand zu halten.

Die Berliner Krankenhausgesellschaft sieht die Entwicklung nach
eigenen Angaben «mit großer Sorge» und warnt vor einer Überlastung

von System und Personal. «Die Zahl der schweren Verläufe, der
Intensivpatienten und Todesfälle steigt seit Wochen immer weiter»,
sagte Geschäftsführer Marc Schreiner. «Deshalb haben wir mehr
Stationsschließungen und Aufnahmestopps. Einige Krankenhäuser der
Stadt arbeiten jetzt schon am Limit.»

Der R-Wert, der über die Dynamik des Infektionsgeschehens Auskunft
gibt, war zuletzt der einzige der drei Indikatoren des Ampelsystems
im grünen Bereich. Am Sonntag stieg er nach 0,82 auf 0,92. Um die
Welle zu brechen, müssten laut Robert Koch-Institut über längere Zeit

Werte von deutlich unter 1 erreicht werden - das bedeutet, dass ein
Infizierter weniger als einen anderen Menschen ansteckt.

Die Zahl der Covid-19-Patienten, die auf Intensivstationen versorgt
werden, war zeitweise sehr schnell angestiegen. Am 3. November waren
im Lagebericht mit 17,1 Prozent Auslastung erstmals 15 Prozent
überschritten, das entspricht einer gelben Ampel. Nur eine Woche
zuvor hatte die Belegung bei rund 9 Prozent gelegen. Zuletzt verlief
der Anstieg langsamer.

In den Krankenhäusern stehen derzeit rund 1500 Intensivbetten zur
Verfügung. Weitere 400 könnten mit bisher ungenutzten
Beatmungsgeräten belegt werden. Um mehr Betten zur Verfügung zu haben
und um Personal umschichten zu können, sind die Notfallkrankenhäuse
r
zum Verschieben planbarer Eingriffe aufgerufen.

Zuletzt galt die Sorge Engpässen beim Pflegepersonal. Die Versorgung
von Covid-19-Patienten gilt als aufwendig, gefürchtet sind zudem
Ansteckungen und Quarantäne-Fälle auch in den Reihen
der Pflegekräfte. Um für solche Lagen gerüstet zu sein, starteten
Krankenhäuser kürzlich einen Aufruf, dass sich ehemalige und frei
verfügbare examinierte Pflegefachkräfte bewerben sollen. Gleichzeitig
wurde betont, man sei gut vorbereitet und habe
bessere Voraussetzungen als im Frühjahr.

Das im Frühjahr errichtete Behandlungszentrum auf dem Messegelände,
das seitdem mit 488 Betten im Bereitschaftsmodus ist, kommt laut
Gesundheitsverwaltung zum Einsatz, wenn Berlins Krankenhäuser mit
nicht-intensivpflichtigen Covid-19-Fällen überlastet sind. Vorrangig
sollen dort Menschen mit leichteren Verläufen behandelt werden. Wann
es an den Start gehen könnte, ist offen. «Die Lage wird sorgfältig
beobachtet. Zu gegebener Zeit wird der Berliner Senat darüber
entscheiden», teilte die Gesundheitsverwaltung kürzlich mit.

Ein bundesweiter Notfallplan sieht vor, dass Covid-19-
Intensivpatienten auch in andere Bundesländer verteilt werden
könnten. Berlin bildet dabei einen Verbund mit Brandenburg, Sachsen,
Sachsen-Anhalt und Thüringen: Zwischen diesen Bundesländern könnten
Betroffene verlegt werden, um eine Überlastung bestimmter
Krankenhäuser und Regionen zu verhindern.