Lufthansa Cargo rechnet mit hohem Anteil bei Impfstoffverteilung

Das Rennen um den Corona-Impfstoff ist auf der Zielgeraden. Es folgt
die weltweite Verteilung von Milliarden Impfdosen. Eine logistische
Herausforderung und ein lohnendes Geschäft auch für die Lufthansa.

Frankfurt/Main (dpa) - Die Lufthansa will bei der globalen Verteilung
von Corona-Impfstoffen kräftig mitmischen. Aller Voraussicht nach
würden größere Mengen in Mitteleuropa hergestellt, sagte der Chef der

Frachttochter Lufthansa Cargo, Peter Gerber, der Deutschen
Presse-Agentur. «Für diesen Fall ist klar, dass die Lufthansa Cargo
eine wichtige Rolle spielt.»

Ein wichtiges Argument Gerbers ist neben den europäischen
Pharma-Kapazitäten die etablierte Infrastruktur am Drehkreuz
Frankfurt, an dem natürlich auch importierte Pharmazeutika
umgeschlagen werden könnten. Aktuell stehen am größten deutschen
Flughafen laut Betreiber Fraport an die 14 000 Quadratmeter
«temperaturgeführte» Umschlagkapazitäten zur Verfügung, wobei der

größere Teil direkt von der Lufthansa Cargo selbst gemanagt wird. Im
vergangenen Jahr wurden an Europas größtem Pharma-Drehkreuz rund 120
000 Tonnen Impfstoffe, Arzneimittel und andere Pharma-Produkte
umgeschlagen. Das waren allerdings nur knapp 6 Prozent der
Gesamtfracht.

«Wir haben sehr lange Erfahrungen mit dem Fliegen von Produkten, die
gekühlt werden müssen», sagt Gerber. Zu den Corona-Impfstoffen lauf
en
nach seinen Angaben bereits seit Monaten Gespräche auf Experten-Ebene
mit den Logistik-Dienstleistern und den Pharma-Herstellern. Weil mit
ersten Zulassungen bereits im Dezember gerechnet wird, wird bereits
kräftig verhandelt. Gerber rechnet mit einem Höhepunkt der
Transportaufträge zwischen Mai und Oktober 2021. «Die Ausschreibungen
laufen bereits. Auf diese haben wir uns natürlich gemeldet und ich
gehe davon aus, dass es da in Kürze zu den ersten Abschlüssen kommen
wird.»

Heikel ist vor allem der Umgang mit Impfstoffen im
Ultratiefkühlbereich zwischen -70 und -80 Grad, zu denen der Kandidat
der Mainzer Firma Biontech gehört. «Wir mussten uns auf völlig neue
Anforderungen einstellen», sagt der Cargo-Chef. «Wir sind in einem
konstanten Dialog mit Spediteuren und Herstellern, um da optimale
Prozesse zu entwickeln.»

Voraussichtlich werden diese empfindlichen Impfdosen in Behältern mit
einer Ummantelung transportiert, in die Trockeneis gegeben wird.
Immerhin hat die Lufthansa auch hiermit Erfahrungen, denn aktuell
wird beispielsweise Bullen-Sperma auf diese Weise um die Welt
transportiert. Aber das sind natürlich wesentlich kleinere Mengen,
sagt Gerber. «Für Impfstoffe ist es das allererste Mal. Es ist der
erste Impfstoff, der so tiefgekühlt geflogen werden muss.»

Es gibt auch weniger temperatur-empfindliche Impfstoffkandidaten, die
aber auch alle eine geschlossene Kühlkette benötigen. Die Vaccine von
Moderna sowie Johnson&Johnson werden im Tiefkühlbereich um die -20
Grad erwartet, die von Novavax und AstraZeneca halten sich
voraussichtlich auch in einem ganz normalen Kühlschrank zwischen +2
und +8 Grad. Der Frankfurter Flughafen kann in jedem
Temperaturbereich mit großen Hallen dienen.

Bei der Verteilung plädiert Gerber darauf, zunächst das etablierte
und bewährte Transportnetz zu nutzen. «Wir sind in der Lage, Insulin
innerhalb von 18 Stunden zwischen Frankfurt und Brasilien nicht nur
hin- und herzufliegen, sondern im Zweifel ein Stück weit zu
verteilen.» In der Logik der Warenströme ist Lufthansa vor allem in
Europa, Asien einschließlich Japan sowie in Nord- und Südamerika
aktiv. Die Linienflieger verbinden globale Frachtzentren wie Chicago,
Frankfurt und Shanghai.

Afrika und der Nahe Osten gelten hingegen als vorrangiges Gebiet der
arabischen Airline Emirates, wenngleich Gerber auch hier mitmischen
will. Ab März kommenden Jahres ist er Chef der belgischen
Lufthansa-Tochter Brussels Airlines, die traditionell ein starkes
Netz auf dem afrikanischen Kontinent hat.