Handel schlägt Alarm: Corona-Beschlüsse verschärfen Probleme

Der Teil-Lockdown bleibt, und die Vorschriften für den Einzelhandel
wer sogar noch verschärft. Im Handel sorgt das für große Unruhe: Di
e
einen befürchten leere Läden, die anderen lange Warteschlangen vor
den Eingängen.

Düsseldorf (dpa) - Warteschlangen vor den Supermärkten, leere
Modehäuser in den Innenstädten: Der Handel in Deutschland warnt vor
dramatischen Folgen der von Bund und Ländern beschlossenen
Verschärfung und Verlängerung des Teil-Lockdowns.

«Der große Verlierer sind viele Innenstadt-Händler, denen unter den
Corona-Bedingungen die Kunden und die Umsätze wegbrechen», klagte der
Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan
Genth, am Donnerstag. Stattdessen werde mehr im Internet eingekauft
werden. Edeka-Chef Markus Mosa warnte, der Lebensmittelhandel könne
unter diesen Vorgaben «die hohe Nachfrage gerade im
Weihnachtsgeschäft nicht bedienen».

Bund und Länder hatten am Mittwochabend beschlossen, dass der
Teil-Lockdown mit der Schließung unter anderem von Restaurants,
Theatern, Fitnessstudios und Freizeiteinrichtungen bis zum 20.
Dezember verlängert wird. Gleichzeitig wurde eine Verschärfung der
Vorschriften für den Einzelhandel beschlossen. Dies führt dazu, dass
in Geschäfte mit mehr als 800 Quadratmetern - also auch in praktisch
allen Supermärkten - weniger Kunden gleichzeitig einkaufen dürfen als
bisher.

Der Handelsverband erwartet nun, dass ausgerechnet im wichtigen
Weihnachtsgeschäft weitere Umsätze ins Internet abwandern - zu Lasten

der Mode- und Schuhhäuser, Parfümerien, Uhren-, Schmuck- und
Spielwarengeschäfte in den Innenstädten. «Die Verbraucher werden auch

in Corona-Zeiten zu Weihnachten Geschenke kaufen. Unter den
Bedingungen des Teil-Lockdowns erledigen sie ihre Einkäufe in vielen
Branchen aber voraussichtlich oft lieber online», sagte Genth.

Schon in den ersten drei Wochen des Teil-Lockdowns seien die Umsätze
im Innenstadthandel um durchschnittlich 30 Prozent gegenüber dem
Vorjahr eingebrochen. Im Bekleidungshandel liege das Minus sogar bei
40 Prozent, sagte er. Durch die Verlängerung des Teil-Lockdowns
würden nun voraussichtlich weitere zwei Milliarden Euro auf den
Konten der Online-Händler landen, statt in den Kassen der
Innenstadthändler.

Genth pochte angesichts der Auswirkungen der Beschlüsse von Bund und
Ländern auf den Innenstadthandel auf staatliche Hilfen für die
Betroffenen. «Viele Innenstadthändler stehen vor der Insolvenz. Jetzt
bricht auch noch das normalerweise umsatzstarke Weihnachtsgeschäft
weg. Das ist ohne staatliche Unterstützung nicht zu schaffen.»

Während die Innenstadthändler mit der Kundenflaute kämpfen,
befürchten die großen Lebensmittelhändler genau das Gegenteil. Lange

Schlangen vor Läden und Probleme, die riesige Nachfrage vor den
Festtagen angesichts der staatlich verordneten Zugangsbeschränkungen
zu bewältigen.

Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka übte scharfe Kritik.

«Wir halten die Begrenzung der Kundenzahl ab 800 Quadratmetern
Verkaufsfläche für kontraproduktiv und nicht nachvollziehbar», sagte

Edeka-Chef Markus Mosa. Die hohe Nachfrage gerade im
Weihnachtsgeschäft lasse sich so nicht bedienen.

Der Hinweis der Politik, dass die Verbraucher ihre Einkaufe auf die
Wochentage verteilen sollten, sei auch nicht hilfreich, denn das
täten die Kunden bereits seit dem ersten Lockdown, meinte Mosa. «Auch
bei einer weiteren Verteilung der Kundenströme könnten wir die hohe
Nachfrage gerade im Weihnachtsgeschäft nicht bedienen.»

Zudem verzerre der Beschluss den Wettbewerb, klagte der Edeka-Chef.
Supermärkte mit Bedientheken und einer dadurch höheren Verweildauer
der Kunden seien extrem benachteiligt im Vergleich zu Konkurrenten,
die nur auf Selbstbedienung setzten. «Das wird einen weiteren Schub
geben in Richtung SB-Formate mit ausschließlich preisorientierten
Angeboten», prognostizierte der Händler.

Auch HDE-Chef Genth hatte zuvor vor Warteschlangen gewarnt und
betont. «Das schafft neue Gelegenheiten für Ansteckungen.» Außerdem

könne schon der Anblick der Wartenden den Konsumenten das Gefühl
vermitteln, die Waren könnten knapp werden und damit zu neuen
Hamsterkäufen im Lebensmittelhandel führen.