Modellrechnung zeigt «Weihnachtseffekt» im Pandemieverlauf

Jülich (dpa) - Das Verhalten der Menschen an den Weihnachtstagen hat
bei den angekündigten Lockerungen erheblichen Einfluss auf den
Verlauf der Corona-Pandemie. Mitarbeiter des Forschungszentrums
Jülich und des Frankfurt Institutes for Advanced Studies haben in
Modellen Szenarien errechnet. Sie kommen zu dem Schluss: «Mögliche
vermehrte Kontakte zu Weihnachten und Silvester könnten als neue
Quellen zusätzlich zur Ausbreitung des Virus beitragen.» Die
Ausweitung der Kontakte durch Besuche von Familien und Bekannten -
womöglich über das ganze Land hinweg - könnten die Infektionen weiter

verteilen. Damit wären auch Regionen mit niedrigen Fallzahlen wieder
verstärkt betroffen, der Anstieg der Neuinfektionen nähme Fahrt auf.

Diesen «Weihnachtseffekt» vergleichen die Wissenschaftler mit einer
schon zweimal in diesem Jahr beobachteten Entwicklung: den Zuwächsen
bei Neuinfektionen zur Zeit der Winter- und Sommerferien vor allem
durch Reiserückkehrer. «Über Weihnachten und Silvester könnte
Ähnliches passieren, wenn Besuche innerhalb Deutschlands die
Infektion bundesweit verteilen, selbst wenn Reisen in stärker
betroffene Gebiete im Ausland gar nicht stattfinden», schreiben sie.

Wie stark die Kontaktrate, also wieviele Menschen jemand in einem
bestimmten Zeitraum trifft - durch Weihnachten zunimmt, sei schwer
einzuschätzen, da Erfahrungsdaten etwa aus dem vergangenen Jahr
fehlten. Daher haben die Forscher zwei Szenarien durchgerechnet:

Im besten Fall bliebe die Kontaktrate über Weihnachten konstant, weil
zum Beispiel wegfallende Kontakte im Arbeitsleben oder in Schulen
einen geringen Anstieg durch Familienbesuche ausgleichen. Die
Forscher nehmen an, dass die Fallzahlen durch die geltenden
Beschränkungen zunächst sinken. Für den Fall, dass fast alle
Maßnahmen nach dem 20. Dezember aufgehoben werden, würden die Zahlen
im Januar ein Niveau wie Ende Oktober erreichen - das heißt im
Schnitt etwa 20 000 Neuinfektionen täglich.

Für den schlechtesten Fall sind die Wissenschaftler hingegen davon
ausgegangen, dass es infolge der Besuche zu Weihnachten und Silvester
zu einer deutlich - um 50 Prozent - erhöhten Kontaktrate kommt. Dann
würden die Fallzahlen der Berechnung zufolge im Januar die Marke von
25 000 Neuinfektionen pro Tag reißen. Für den Fall, dass einige
Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen noch länger aufrecht erhalten
werden, verliefe die Kurve deutlich unter dem Wert von 20 000
Neuinfektionen - wenn auch mit einem kurzen Anstieg nach Weihnachten.

Die Forscher wiesen darauf hin, dass zur Reduzierung der Fallzahlen
aus epidemiologischer Sicht eigentlich nur die Kontakte zwischen
ansteckenden und nicht infizierten, nicht immunen Personen
entscheidend seien. Das ist in der Simulation nicht berücksichtigt.
Allgemeine Kontaktbeschränkungen seien aber vermutlich der einfachste
Weg, um auch die «relevanten Kontakte» zu reduzieren, hieß es.