Forscherin: «Feiertage sind eine wirkliche Herausforderung»

Göttingen (dpa) - Um das Risiko von Corona-Ansteckungen bei Feiern an
Weihnachten und Silvester entscheidend zu senken, muss die Pandemie
zuvor nach Prognosen von Wissenschaftlern deutlich eingedämmt werden.
Derzeit können nicht alle Infizierten lokalisiert werden. Bei täglich
rund 20 000 Neuinfektionen in Deutschland reichten die
Testkapazitäten nicht aus, sagte Viola Priesemann vom
Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen.
Damit steige die Dunkelziffer. Einer Modellrechnung zufolge sind
derzeit bis zu doppelt so viele Infektionen unentdeckt wie bekannt.

«Die Feiertage sind wirklich eine Herausforderung», sagte Priesemann.
Nicht nur, dass viele Menschen an Weihnachten nach Hause reisten, um
mit ihren Familien zu feiern - wenige Tage später an Silvester träfen

sie dann im Freundeskreis mit völlig anderen Gruppen zusammen. «Das
öffnet den Viren ganz neue Wege, die sie sonst nicht hätten.» Die
Treffen an sich wären kein Problem, sagte die Forscherin, «wenn wir
genug Tests hätten und die Infizierten alle vorher gefunden werden
würden». Leider sei das derzeit nicht der Fall.

Nötig sei dafür, die Zahl der Neuinfektionen zu senken, die derzeit
bei rund 20 000 pro Tag in Deutschland liegt. Bei einer Reduzierung
auf 2000 beispielsweise hätten die Gesundheitsämter wieder eine
Chance, Kontakte schnell nachzuvollziehen. Die Reproduktionszahl, die
angibt, wie viele Menschen ein Erkrankter ansteckt, liege seit
einigen Wochen infolge des Teil-Lockdowns in etwa bei 1. Dieser
R-Wert sei im ersten Lockdown zeitweise auf unter 0,7 gedrückt
worden. Länder wie Belgien, Frankreich, Tschechien und die Schweiz
hätten das mit strengen Maßnahmen auch in der zweiten Welle
geschafft, sagte Priesemann. «Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, alle
Bausteine zu nehmen, die man hat, um die Zahlen zügig in zwei,
drei Wochen wirksam zu senken.»