Weiter kein deutlicher Abwärtstrend bei den Corona-Neuinfektionen

Aufwärts geht es seit einigen Tagen nicht mehr - aber nun verharrt
die Zahl täglicher Neuinfektionen auf hohem Niveau. Wird sich das mit
den derzeit geltenden Maßnahmen noch ändern? Eine europäische Behör
de
hat Zweifel.

Berlin (dpa) - Auch gut drei Wochen nach dem Beginn des
Teil-Lockwdowns ist beim Infektionsgeschehen in Deutschland kein
deutlicher Abwärtstrend zu erkennen. Wichtige Kennwerte stagnieren
nach den Daten des Robert Koch-Instituts (RKI). So meldeten die
Gesundheitsämter binnen 24 Stunden 13 554 neue Fälle und damit nur
etwas weniger als am vergangenen Dienstag (14 419), wie das RKI am
Dienstagmorgen bekanntgab. Zu Beginn der Woche sind die Zahlen
regelmäßig vergleichsweise niedrig, weil laut RKI am Wochenende
weniger Proben genommen werden und dadurch auch insgesamt weniger
getestet wird. Am Freitag war mit 23 648 gemeldeten Fällen ein
Höchststand erreicht worden.

Nach Einschätzung der EU-Gesundheitsbehörde ECDC genügen die derzeit

in Deutschland geltenden Corona-Maßnahmen womöglich nicht, um die
Infektionszahlen bis Weihnachten zu verringern. «Es gibt neun Länder,

in denen wir prognostizieren, dass die momentanen Maßnahmen nicht
ausreichend sein werden, um zu einem Abwärtstrend bei der Inzidenz
der bestätigen Fälle zu führen», hieß es in einem am Montag
veröffentlichten ECDC-Bericht. Dazu zählt demnach auch Deutschland.

Nach einer rasanten Zunahme im Oktober und Anfang November hatte sich
die Zahl der gemeldeten Corona-Neuansteckungen in Deutschland zuletzt
auf hohem Niveau eingependelt. Die Zunahme habe sich seit der zweiten
Novemberwoche abgeflacht, heißt es vom RKI. Anders als erhofft führt
der seit Anfang November geltende Teil-Lockdown mit Schließungen etwa
von Kneipen und Restaurants aber offenbar bisher nicht zu deutlich
weniger Ansteckungen. Die Sieben-Tage-Inzidenz - die Zahl der
Neuinfektionen pro Woche und 100 000 Einwohner - liegt seit Tagen
relativ stabil bei rund 140.

Auch bei der Reproduktionszahl zeichnet sich keine Trendwende ab. Das
sogenannte Sieben-Tage-R lag laut RKI-Lagebericht vom Dienstagabend
bei 0,90 (Vortag: 0,97). Das bedeutet, dass im Durchschnitt 100
Personen, die mit Sars-CoV-2 infiziert sind, etwa 90 weitere Menschen
anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis
16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das
Infektionsgeschehen ab.

Die hohen bundesweiten Fallzahlen gehen nach RKI-Angaben zumeist auf
ein diffuses Geschehen zurück. Häufungen gibt es demnach in
Haushalten, Gemeinschaftseinrichtungen, Alten- und Pflegeheimen sowie
im beruflichen Umfeld und bei religiösen Veranstaltungen. «Für einen

großen Anteil der Fälle kann das Infektionsumfeld nicht ermittelt
werden», heißt es im Lagebericht vom Montagabend. Seit Mitte Oktober
steigt demnach die Zahl der intensivmedizinisch behandelten
Covid-19-Fälle stark an - von 655 Patienten am 15. Oktober auf 3742
am 23. November.

Nach den Daten des Verbandes Akkreditierte Labore in der Medizin
(ALM) steigt die Positivrate bei den durchgeführten Corona-Tests
weiter und liegt für die 47. Kalenderwoche (16. bis 22. November) bei
9,6 Prozent (Vorwoche: 9,2 Prozent). Das sei der höchste Wochenwert
seit Beginn der ALM-Datenerhebung, hieß es am Dienstag. Von den
teilnehmenden Laboren wurden demnach etwa so viele PCR-Tests auf
Sars-CoV-2 durchgeführt wie in der Vorwoche.

Kritisch sehe es weiter bei der Belieferung mit Material aus, sagte
Evangelos Kotsopoulos, Vorstand im ALM. So erfreulich es sei, dass
gerade mit Hochdruck Impfstoffe entwickelt und bereits produziert
würden: Der Bedarf beispielsweise an Plastikmaterialien steige damit
weiter. «Wir alle greifen auf Hersteller zurück, die am Weltmarkt
tätig sind. Das macht es nicht leichter für uns.»

Das RKI zählt seit Beginn der Pandemie insgesamt 942 687
nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland (Stand:
24.11., 00.00 Uhr). Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem
Virus stieg bis Dienstag um 249 auf insgesamt 14 361. Das RKI
schätzt, dass rund 636 700 Menschen inzwischen genesen sind.