Saudi-Arabien mahnt bei G20-Gipfel gemeinsamen Kampf gegen Corona an

Das Spitzentreffen der führenden Wirtschaftsnationen steht im
Schatten der Pandemie. Die G20 wollen über die Impfstoff-Verteilung
diskutieren. Und Trump hat wohl seinen letzten Gipfel-Auftritt.

Riad (dpa) - Zum Auftakt des G20-Gipfels hat Gastgeber Saudi-Arabien
gemeinsame Anstrengungen der führenden Industrie- und Schwellenländer
bei der Bewältigung der Corona-Pandemie angemahnt. «Wir haben eine
Pflicht, uns der Herausforderung bei diesem Gipfel gemeinsam zu
stellen und eine starke Botschaft der Hoffnung zu geben», sagte
Saudi-Arabiens König Salman in einer Videoschalte am Samstag.
Weltweit litten Menschen und Wirtschaften unter diesem Schock. «Aber
wir werden unser Bestes tun, um diese Krise durch internationale
Zusammenarbeit zu überstehen», erklärte der saudische Monarch.

Bei dem zweitägigen Gipfel wird es vor allem um den weiteren Kampf
gegen die Pandemie gehen. Für Deutschland nimmt Bundeskanzlerin
Angela Merkel an dem virtuellen Treffen teil. Es dürfte der letzte
große internationale Auftritt von US-Präsident Donald Trump sein.
Trump schien zum Auftakt mindestens abgelenkt zu sein: Auf Twitter
meldete er sich in der ersten Stunde mit mehreren Nachrichten zum
angeblichen Wahlbetrug in den USA und mit Neuigkeiten zum
Gesundheitszustand seines Sohnes Donald Trump Junior zu Wort, der
sich Medienberichten zufolge mit dem Coronavirus infiziert hat.

«Es ist ein außerordentliches Jahr gewesen», sagte der sichtlich
altersschwache 84 Jahre alte Salman. «Die Covid-19-Pandemie war ein
beispielloser Schock, der die gesamte Welt in kurzer Zeit
beeinträchtigt und dabei wirtschaftliche und soziale Verluste
verursacht hat.» Die Länder müssten nun gemeinsam daran arbeiten,
Impfstoffe gegen das Virus sowie Behandlungsmaßnahmen zu entwickeln.
Diese Werkzeuge müssten «allen Menschen» zur Verfügung stehen.

Schon vorab hatte sich der britische Premierminister Boris Johnson
dafür stark gemacht, weltweit einen gleichberechtigten Zugang zu
Impfstoffen zu gewährleisten. «Ich würde gerne sehen, dass die
G20-Staaten diesen Ansatz unterstützen», sagte er in einer
Videobotschaft. Die Gruppe der führenden Wirtschaftsmächte müsse
ihrem Versprechen gerecht werden, alle Maßnahmen zu ergreifen, um die
Pandemie zu bewältigen und Menschenleben zu schützen.

Auf dem Gipfel soll unter anderem diskutiert werden, wie nach einer
Zulassung von Corona-Impfstoffen deren Verteilung gestaltet wird.
UN-Generalsekretär António Guterres hatte sich am Freitag noch einmal
für die internationale Initiative Covax stark gemacht, die Impfstoffe
für alle Menschen erhältlich und erschwinglich machen soll.

Nach Angaben der EU soll auf dem Gipfel um zusätzliches Geld für die
Impfstoff-Initiative geworben werden. Ihr haben sich bereits mehr als
150 Länder angeschlossen, darunter auch China, nicht aber die USA.
Deutschland hat bereits 100 Millionen Euro beigesteuert. Aus der
deutschen Delegation verlautete aber, dass es auf dem G20-Gipfel
keine weiteren finanziellen Zusagen geben werde.

An den zweitägigen Beratungen nehmen neben Merkel auch der
chinesische Staatschefs Xi Jinping, Russlands Präsident Wladimir
Putin und - voraussichtlich ein letztes Mal - auch Trump teil. Dem
abgewählten, aber noch bis zum 20. Januar amtierenden US-Präsidenten
kommt eine Schlüsselrolle zu. Er gilt nicht nur bei der Eindämmung
der Pandemie, sondern auch beim zweiten Topthema des Gipfels, dem
Kampf gegen die globale Erderwärmung, als Bremser.

Eigentlich sollte der Gipfel ein Großereignis mit Tausenden Gästen in
der saudi-arabischen Hauptstadt Riad werden. Es wäre das erste
Spitzentreffen der G20 in der arabischen Welt gewesen. Die
Corona-Pandemie machte dem Königshaus jedoch einen Strich durch die
Rechnung. Jetzt konferieren die Staats- und Regierungschefs insgesamt
nur etwa sechs Stunden per Video. Die sonst so wichtigen Gespräche
unter vier Augen oder in kleinem Kreis am Rande fallen weg.

Am Rande des Gipfels kritisierte die Organisation Reporter ohne
Grenzen, Gastgeber Saudi-Arabien sei einer der «erfolgreichsten
Kerkermeister für Journalisten» weltweit. Das Königreich schränke d
ie
Pressefreiheit so stark ein wie kaum ein anderes Land. 34
Journalisten säßen wegen ihrer Arbeit dort derzeit im Gefängnis. Die

französische Organisation verwies auch auf den brutalen Mord am
regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018.

Saudi-Arabien steht wegen Menschenrechtsverletzungen immer wieder in
der Kritik. Bundestagsabgeordnete mehrerer Fraktionen hatten Merkel
vor dem Gipfel aufgefordert, bei der Videokonferenz die
Menschenrechtslage in dem Golf-Staat zu thematisieren.

Gemeinsam repräsentieren die Mitglieder der G20 mehr als 85 Prozent
der globalen Wirtschaftsleistung und zwei Drittel der
Weltbevölkerung. Zur G20 gehören neben der EU als Staaten
Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich,
Großbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko,
Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, Türkei und die USA.